Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (079-057)

von Hugo Schuchardt

an Georges Lacombe

Graz

06. 01. 1910

language Deutsch

Schlagwörter: Meillet, Antoine Meyer-Lübke, Wilhelm Azkue y Aberasturi, Resurrección María de

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (079-057). Graz, 06. 01. 1910. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3974, abgerufen am 18. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3974.


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Graz 6.1. 10

Lieber Herr und Freund,

Ich bitte sehr um Entschuldigung dass ich so lange nichts von mir habe hören lassen und gerade zu einer Zeit nicht wo auch diejenigen die sonst stumm sind, von sich hören lassen. Ich war durch eine Angelegenheit sehr in Anspruch genommen die ich um jeden Preis zu Ende bringen wollte.

Mit bestem Danke sende ich Ihnen das Bulletin de la Soc. de ling. zurück.*) Es ist mir sehr wichtig gewesen, von seiner Existenz überhaupt Kenntnis zu bekommen; es hat nicht nur für mich, sondern |2| auch für andere, wie ein Veilchen im Verborgenen geblüht. Aber es ist mir gelungen, dieses Bulletin (auch einige Jahre zurück) dauernd hier zu haben. Die Bestimmung dass das Bulletin ausschliesslich für die Mitglieder veröffentlicht wird, mag irgend welchen finanziellen Zwecken dienen, im Interesse der Wissenschaft ist sie nicht. Denn wir Sprachforscher alle, mag unsere Spezialität sein, welche sie will, wünschen so treffliche Besprechungen zu lesen wie sie in dem Bulletin enthalten sind, besonders aus der Feder Meillets. Wenn Sie wie mir scheint, Beziehungen zu ihm haben, dann grüssen sie ihn, bitte, gelegentlich von mir, und danken Sie ihm für seine mehrfachen Erwähnungen meiner. Zu der auf S. LXXVIII eine ganz kleine Bemerkung. Ohne irgendwie für den einen von uns beiden Partei zu nehmen – ein Referent ist ja auch schon |3| der Zeit nach gar nicht im Stande detaillierten Untersuchungen zu folgen und sie zu beurteilen – hätte ich gewünscht, etwa durch ein Mais… den Widerspruch anzudeuten der in bezug auf die Hauptpunkte (bast-) zwischen Meyer-Lübke und mir besteht; das on y ajoutera maintenant lässt nur ergänzende, weiterführende, höchstens Einzelne berichtigende Äusserungen vermuten.

Ihr kleines baskisches Geschichtenbüchlein hat mir viel Freude gemacht. Ist es von Ihrer eigenen Hand? Und verfolgen Sie damit einen bestimmten Zweck?

Vielleicht habe ich demnächst über bask. trail̃u und irabur (-iur -irur) mich zu äussern. Sie sind mir lautlich und begrifflich interessant. Können sie mir über die |4| Sache näheres mitteilen?

1.) Wie ist im Basken das Verhältnis von trail̃u und zigor hinsichtlich des Gebrauches?

2.) irabur gehört doch dem spanischen, trail̃u dem franz. Baskenland an? Die Übersetzung von Azkue: irabur = mango del mayal, manche de fléau ist wohl nicht zutreffend, denn aus dem Zitat ist zu ersehen dass mango… irabur-esku ist.

3.) Wie ist die Verbindung der beiden Stöcke? Sie kann sehr verschieden sein. In Katalonien z.B. stellt sie sich so dar,

[Zeichnung]

Die Köpfe (aa) pflegen besondere Benennungen zu führen. Anderswo tragen die beiden Stöcke oder Kap|5|pen ( chapes) von Leder, Eisen, Holz ebenfalls mit eigenen Namen, etwa so:

[Zeichnung]

usw. Der Kombinationen sind sehr viele. Doch ich breche ab – schreiben Sie mir doch gelegentlich was Sie über Wörter und Sachen die sich auf den fléau beziehen, hinsichtlich des Gebrauches im franz. Baskenland wissen (u.A. auch welches der lab. nav. soul. Ausdruck für bizc. aizebil̃o = franz. batte, kat. vergueró ist; Azkue fasst das Wort = fléau – da ist wiederum eine Verwirrung). Übrigens werde ich auch an de Urquijo schreiben, da ja Ihnen die bizcaischen Verhältnisse fremd sein müssen.

Verzeihen Sie die Belästigung!

Mit herzlichem Gruss

Ihr erg

H. Schuchardt

*) Kann erst morgen geschehen; heute als am Feiertage ist die Post schon geschlossen.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Fondo Lacombe (Euskaltzaindia). (Sig. 057)