Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (037-034)
von Hugo Schuchardt
13. 03. 1909
Deutsch
Schlagwörter: Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Rom Jena
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (037-034). Graz, 13. 03. 1909. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3929, abgerufen am 08. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3929.
Graz 13.3.’09
Lieber Herr und Freund,
Verzeihen Sie dass ich Ihren Brief nicht sofort beantwortet habe. Ihre Liste von Namen für „Spinne“ ist, wie Sie selbst bemerkt haben, vor allem sprachgeographisch wichtig; es sind darunter nicht allzu viele die bei Azkue (und demzufolge auch bei mir B.u.R. 42) fehlen: armiamalo, irmiarma, armiarmau, armamil, añhargo armiamau, ayerma, añaberba. Über bask. lupu, lipu habe ich Zeitschr. f. rom. Phil. 31, 26 gesprochen, im Vorbeigehen. Tardaña ist eine südfranz. Vermischung von araña und taranta.
Ihre Frage bezüglich gaure|2| kann ich deshalb nicht gut beantworten weil
1) neben den Formen des Hilfszeitwortes = „je l’ai“ sich drei befinden, welche bedeuten „il me l’a“: daut, doot, dit (denn Sie denken doch gewiss nicht an mein hypothetisches *da-(d)u-t, sondern an daut aus *da-(d)u-ki-t; s. Bask. Stud. I, 47)
2) weil wir beim Personal- wie Possessivpronomen die Formen nach der Funktion unterscheiden müssen; vgl. Leiçarr. S. LXXIV. CXVII.
Ein bestimmtes Mass für die Anwendung des Analogieprinzips lässt sich in der Linguistik nicht angeben: die Bedingungen müssen annähernd dieselben sein, also z.B. dot und gore beweisen schon insofern nichts für einander als jenes bizkaisch ist, dieser aber hochnav. und ronc. Wenn sich in diesen Mundarten auch |3| sonst o für u findet, so ist natürlich gore aus gure zu erklären. Und bizk. dot geht es auf dut (lab.) zurück oder auf *daut? Von doot, wie Sie angeben, kann es nicht kommen, dies ist ja = „il me l’a“. Ich komme wenn Sie wollen, auf die Sache zurück; nur muss zuvor das Material klar und vollständig vorliegen.
In bezug auf meine noch nicht geschriebene Anzeige von Philipons Buch (andere Dinge sind mir wieder einmal dazwischen gekommen, aber jetzt mache ich mich daran) finde ichüberhaupt keine Bedenken gegen den Abdruck in der RB; im Sinne der Redaktion der andern Zeitschrift wird es aber wohl sein, wenn sie da zuerst, sei es nur um die kürzeste Zeit früher, veröffentlich wird.
|4| Soeben erhalte ich die Kopie von einer 1908 zu Rom gefundenen und auch schon veröffentlichten Inschrift mit einer Menge iberischer Namen. Ich gedenke mich mit ihnen zu beschäftigen; vielleicht nimmt dann die RB eine Notiz darüber an – vorausgesetzt dass für sie das Iberische dem Baskischen nicht ganz fremd gegenübersteht.
Ich wünsche Ihnen Glück zu Ihren philosophischen Studien; genau vor einem halben Jahrhundert war ich, als bewundernder Zuhörer vor Kuno Fischer in Jena, im Begriff (vielleicht in Gefahr) die Philosophie zu meiner Leibwissenschaft zu wählen.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
H.Schuchardt
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Fondo Lacombe (Euskaltzaindia). (Sig. 034)