Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (506-s.n.)

von Hugo Schuchardt

an Julio de Urquijo Ybarra

Graz

17. 07. 1925

language Deutsch

Schlagwörter: Revue internationale des études basques Menéndez Pelayo, Marcelino Trombetti, Alfredo Spanien San Sebastian Schuchardt, Hugo (1925) Trombetti, Alfredo (1925)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (506-s.n.). Graz, 17. 07. 1925. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3841, abgerufen am 16. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3841.


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Graz 17. Juli 1925

Lieber Freund,

Vorgestern erhielt ich Ihren lieben Brief, gestern Ihr schönes Buch. Dieses habe ich heute, Blatt für Blatt, durchflogen und habe an den Stellen die meine Aufmerksamkeit auf sie zogen, länger oder kürzer verweilt. Manchmal bei Kleinigkeiten, bei Worten (truco, machín, etwa = Martin?, irurak bat mit einer den Sprichwörtern aller Sprachen eigenen Ellipse usw.) oder bei Dingen (Rosenorden usw.). Aber die Hauptsachen sind mir doch wohl nicht aus dem Gesichte geschwunden, und obwohl ich das berühmteste Buch von Menéndez Pelayo, trotz meiner persönlichen |2|Bekanntschaft mit ihm, nicht gelesen habe, bin ich doch überzeugt daß Ihre Berichtigungen alle zutreffen, daß Sie, mit einem Worte, das Ziel das Sie sich gesetzt hatten wirklich erreicht haben. Dennoch würde ich, auch nach gründlichem Lesen Ihrer Arbeit, mich eines zuversichtlichen Urteils nicht getrauen ohne einen flüchtigen Einblick in die Pressestimmten erhalten zu haben, auf die Sie hindeuten. Ja, Sie haben Recht: in Spanien steckt hinter allem die Politik. Sie bekunden das aber auch mit Ihrer eigenen Person. Was die Freimaurerei (Masonismus) anlangt, so ist sie in deutschen Landen etwas Bedeutungsloses d.h. Indifferentes. Auch als Kind habe ich sie nicht als etwas Geheimnisvolles empfunden, bin nie nach ihren Geheimnissen neugierig gewesen. Ich habe nie von ihr in Verbindung |3|mit Politik gelesen oder gehört. Wenn in meiner Heimat von der Loge die Rede war, so kaum anders als von einem Kasino oder Klub. Bis in mein Alter hinein habe ich mich über die vom päpstlichen Stuhl ausgehenden Bannflüche gewundert. Ich weiß gar nichts über die freimaurerischen Grundsätze; darf also fragen: sind sie denn anti-religiös? Sie mögen a-religiös sein, d.h. sich auf das Glaubensgebiet gar nicht beziehen. Sie haben, so viel habe ich immer gehört, humanitäre Ziele. Verzeihen Sie meine Offenheit, oder genauer gesagt, meine Unwissenheit die ich in dieser Angelegenheit bis heute nicht abgelegt habe.

Ich habe heute einen kleinen Nachtrag zu meiner akademischen Abhandlung: Das Baskische und die Sprachwissenschaft geschickt.1Trombetti verfügt über ein ungeheures Wissen, ist auch keineswegs ein Phantast; aber nach meiner Ansicht ist das was er erreichen |4|will, überhaupt nicht zu erreichen. Ich würde hierüber mehr schreiben, aber meine Augen werden durch das Schreiben sehr angestrengt. Im Ganzen hat sich mein Zustand gebessert.

Demnächst schicke ich Ihnen vielleicht eine Kleinigkeit für die RBa. Doch bin ich im Allgemeinen sehr schwach, und verfüge nur über sehr wenige Stunden zu wissenschaftlicher Arbeit.

Ich schreibe Ihnen nach S. Sebastián, obwohl Sie von Ihrer Abreise aus B(arbotan les Thermes) nichts melden. Aber Sie werden doch nicht immer dort bleiben? Trombetti schrieb mir schon vor längerer Zeit daß Sie ihm den Empfang seines höchst stattlichen, dem Baskenvolk gewidmeten Buches Le origini della lingua basca nicht gemeldet hätten.

Herzlichst Ihr
HSchuchardt

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1 H. S. (1925c).

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)