Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (215-63)

von Hugo Schuchardt

an Edward Spencer Dodgson

Graz

16. 12. 1896

language Deutsch

Schlagwörter: language Berberisch Linschmann, Th.

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (215-63). Graz, 16. 12. 1896. Hrsg. von Bernhard Hurch (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3742, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3742.


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Graz 16 Dez 96.

Lieber Herr Dodgson,

Eben sendet mir der Rektor Ihre Karte zu. Ich bin sehr gerührt. Zunächst muss ich bemerken, dass sowohl von Ihnen an mich, wie von mir an Sie Briefe verloren gegangen sein müssen. Ich vermuthe dass Sie mir Ihre Adresse in Sevilla mitgetheilt haben werden, ich meinerseits habe Ihnen vor nicht gar zu langer Zeit – jedenfalls sind es keine sechs Monate – an die Adresse geschrieben die Sie mir zu|2|letzt mitgetheilt hatten. Ich will Ihnen als Kennzeichen dieses Briefes angeben dass ich Ihnen darin Vorwürfe machte, die beiden kleinen Brochüren (Novena 1846 und Predigt von D. G. Oregi) der Universitätsbibliothek und nicht mir gewidmet zu haben. Sie liegen noch immer bei mir und ich erhoffe eine Transmutation der Widmung. Den Bibliotheksbeamten macht das doppelte Eintragen, Stempeln u.s.w. eine unverhältnissmässige Mühe, mir eine ebenso unverhältnissmässige, wenn ich sie einmal wiederhaben wollte.*) Ich gehe so selten wie möglich in unsere – übrigens prachtvolle und gut eingerichtete Bibliothek; ein Citat nachzusehen, kostet mich |3| eine Stunde.

Ich bin seit anderthalb Monaten wieder in Graz und ganz ausserordentlich beschäftigt. Immerhin würde ich Zeit gefunden haben Ihnen eine Korrespondenzkarte zu schreiben, wenn ich nicht geglaubt hätte dass Sie in Sevilla bloss vorübergehend wären. Von Rodriguez Marin hat es mich herzlich gefreut, Gutes zu hören und Schönes zu sehen. Ich hätte mir schon vorgenommen, ihm in den Weihnachtsfeiertagen zu schreiben.**) Während ich noch vor einigen Jahren in einem Halbdutzend Sprachen korrespondirte, habe ich das jetzt aufgegeben; es erfordert das eine Zeit und |4| eine Mühe, die sich durchaus nicht lohnen. An mich mag Jeder in seiner Sprache schreiben; ich bekomme russische, magyarische, georgische Briefe, wie ich früher baskische, malaiische u.s.w. bekommen habe. Das macht mir Nichts. Aber um in fremden Sprachen zu antworten, dazu bin ich zu bequem geworden und thue es nur ausnahmsweise.

Ich freue mich sehr dass Sie Micoleta herausgeben wollen. Linschmann und ich, wir beabsichtigen das N. T. von Liçarrague im Neudruck erscheinen zu lassen; Linschmann hat das Exemplar der Leipziger Stadtbibliothek bei sich – ich habe das durchgesetzt – und schreibt fleissig ab. Wer die Kosten bestreiten wird, das steht noch nicht ganz fest. – Sin más para hoy.

Totus vester
H. Schuchardt

Ich danke Ihnen für Ihre letzten Zusendungen; nicht char heisst auf Berberisch “schlecht“, sondern dir und iir (Zouaoua, Kábyl), derri (Bougie), erk (Touareg)

*) und sonst sind diese Dinge ja absolut wie begraben.

**) und werde es thun.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Azkue Biblioteka (Euskaltzaindia). (Sig. 63)