Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (150-43)

von Hugo Schuchardt

an Edward Spencer Dodgson

Gotha

14. 10. 1894

language Deutsch

Schlagwörter: Zeitschrift für romanische Philologielanguage Sanskrit Leite de Vasconcelos, José Farinelli, Arturo Asturien

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (150-43). Gotha, 14. 10. 1894. Hrsg. von Bernhard Hurch (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3504, abgerufen am 01. 10. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3504.


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L. H. Dodgson!

Sie haben durch meine letzte Korrespondenzkarte erfahren dass Ihre Besprechung der A.O. in Gröbers Zeitschrift keinen Platz findet; ich habe darüber nachgedacht in welcher andern deutschen Zeitschrift sie untergebracht werden könnte – aber ich weiss keine. Ich bin ja auch in Verlegenheit; ich möchte öfters kleinere Notizen die das Baskische betreffen, vom Stapel lassen, aber ich schreibe sie nicht weil ich sie nicht zum Abdruck zu bringen vermöchte. – Sie müssen in der That in sehr schlechten Betten geschlafen und sehr wüste Träume gehabt haben, wenn Sie an einen Zusammenhang zwischen bed und e-tza-n, die keinen einzigen Laut miteinander gemein haben, denken. Argumente führen Sie ja nie an, zu widerlegen sind Sie also nicht. Dergleichen ist mir aber auch vom psychologischen Standpunkt aus ganz unerklärlich. Sie müssen doch auch einsehen wie sehr ich; und ebenso Andere die sich mit der Erklärung der baskischen Spracherscheinungen, mit der Herstellung einer Geschichte der baskischen Sprache beschäftigen, entmuthigt werden, wenn sie gerade bei demjenigen der wohl unter allen Nichtbasken die grösste praktische Kenntniss des Baskischen besitzt, auf eine völlige Verläugnung aller wissenschaftlichen Methode, auf einen Mangel von Verständniss für die einfachsten sprachgeschichtlichen Thatsachen stossen. Dass das e- i- der Partizipia (e-gi-n, e-karr-i, i-kus-i usw.) nicht zum Verbalstamm selbst (oder sagen wir zur Wurzel) gehört, das glaubte ich, würde jetzt Niemand mehr bezweifeln, und Sie werden durch das a von etzan an das e von bed erinnert! Jetzt wollen Sie wieder, und vielleicht bei der ungünstigsten Gelegenheit Sanskrit treiben; warum denn immer und immer neue Materie – und nie und nie ein wenig Methode! Ich würde auf diesen Punkt nicht wieder zurückkommen wenn Sie nicht – gegen die Verabredung – mir wieder mit Ihren +++ etymologieen kämen. Das port. ba, ba ist bai, bai = baĩ, baĩ, wie Sie in Italien bè bè für bene bene hören können; fragen Sie nur einmal J. Leite de Vasconcellos der doch die port. Mdd. besser kennt als Sie. Und was das ca betrifft, so können Sie seine Abkunft von carajo in Madrid leicht bestätigt haben; ihre Angabe wegen der Bedeutung ist unvollkommen. – Grüssen Sie Farinelli von mir, und fragen Sie ob er meinen Brief noch bekommen hat. Ob wohl in Spanien, insbes. in Asturien das port. galiz. bácoro, “Ferkel“, “porculus“ in irgend einer Gestalt bekannt ist? Etwa als bacro, bagro? Es ist bask. bargo.

B.gr. Ihr
H.S.
| demnächst in Graz

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Azkue Biblioteka (Euskaltzaindia). (Sig. 43)