Jacob Sket an Hugo Schuchardt (7-10701)

von Jacob Sket

an Hugo Schuchardt

Klagenfurt

14. 04. 1886

language Deutsch

Schlagwörter: Dialekte Kres Sprachkontakt (allgemein) Sprachkontaktphänomene Phonologie Universität Grazlanguage Slowenischlanguage Deutsch Scheinigg, Janez Schuchardt, Hugo (1886)

Zitiervorschlag: Jacob Sket an Hugo Schuchardt (7-10701). Klagenfurt, 14. 04. 1886. Hrsg. von Karin Almasy (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3321, abgerufen am 25. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3321.


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Geehrter Herr Professor!

Die vielen Correcturen des Slovensko berilo1 und des Kres I. H. haben mir nicht erlaubt, irgendwelche Erkundigungen bezüglich Ihrer Fragen einzuholen. Deshalb theile ich Euer Wohlgeboren erst heute einiges mit. Der Gailthaler Dialect hat in dem im Kres citierten „Kolo“ von Jarnik die beste Behandlung bis jetzt erfahren.2Scheinigg selbst ist ein Rosenthaler aus Ferlach und wird sich schwerlich mit diesem Dialecte befassen, da dazu am besten ein Einheimischer taugt, der das Sprachmaterial im hohen Grade beherrscht. Ebenso, wenn nicht interessanter ist der Jaunthalerdialect. Leider habe ich niemanden, der ihn ordentlich bearbeiten könnte. In Kärnten liessen sich viele Beobachtungen machen, die als Ergänzung zu Ihren slavo-deutschen Studien dienen könnten. Vielleicht veröffentlichen wir im Kres etwas derartiges. Die gegenseitige Beeinflussung des Deutschen u. Slovenischen ist nicht leicht irgendwo größer wie in Kärnten. ~

Der Ausdruck des K, wie ihn der Kärntner um Klagenfurt herum spricht, ist mir selbst nicht geläufig. Ich bin nämlich in Untersteiermark in der Nähe von Sauerbrunn-Rohitsch zu Hause; allein ich habe gut |2| die Wiedergabe des K gelernt. Es ist das kein spiritus asper im gewöhnlichen Sinne, sondern das K ist nur ein Ansatz zum Aussprechen des folgenden Vocales. Es ist kein Hauch, sondern ein gestossener, durch die Sprengung der Stimmritze bewirkter, kaum vernehmbarer Laut. Diesen Laut erhalten Sie, wenn Sie das gewöhnliche gutturale K ohne Mitwirkung der Kehlorgane auszusprechen versuchen. Dieses, nennen wir es gutturallose K ist im Anlaute kaum vernehmbar; so wird kaj fast wie aj ausgesprochen; jedoch den Leuten liegt es ganz genau im Bewusstsein, dass vor dem aj ein K-Laut stehen muss. Ich habe mir von mehreren dieses K vorsprechen lassen; im Innlaute ist der Stoss sehr vernehmbar und die Sprengung der Stimmritze hörbar; ebenso im Auslaut: So wird: Klobuk gesprochen: obъ', was für einen jeden Fremden unverständlich ist.3

Wenn ich nicht irre, studiert das 4. Jahre an der Grazer Universität Jus ein gewesener Schüler von mir, namens Kulterer, aus Grafenstein, 2 Stunden östlich von Klagenfurt, ein Slovene. Er soll in der Nähe der Stadt Hofmeister bei einer Familie sein. Diesen bestellen Sie sich in Ihre Wohnung und berufen Sie sich auf mich. Er wird Ihnen gerne zu Diensten stehen. Oder ich schreibe ihm selbst, wenn Sie mir berichten, dass er an der Grazer Univ. inscribiert ist.

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Auch betreffs der Uebergangsstufe dürfte Ihnen der Grafensteiner Slovene Auskunft geben. Ich bin begierig auf Ihre Analyse des K-Lautes; sie dürfte mit meinen Beobachtungen übereinstimmen. Am besten wäre es, wenn Sie ein Dienstmädchen aus dieser slov. Gegend finden würden. Eine solche Person würde den Character des Lautes am besten wiedergeben.

Mit Hochachtung ergebenster
Sket

Klagenfurt, 14/IV. 86


1 Sket (1886) .

2 Jarnik (1842) .

3 Das Rosenthaler K nahm Schuchardt in seinen zweiten Nachtrag zu Slawo-deutsches und Slawo-italienisches auf, ohne aber seinen Informanten Sket namentlich zu nennen; stattdessen bezieht er sich nur auf Scheinigg. Vgl. Schuchardt (1886 [= HSA 187]: 328-329).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 10701)