Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (073-24)

von Hugo Schuchardt

an Edward Spencer Dodgson

Graz

19. 03. 1893

language Deutsch

Schlagwörter: language Baskisch Stempf, Victor

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Edward Spencer Dodgson (073-24). Graz, 19. 03. 1893. Hrsg. von Bernhard Hurch (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3274, abgerufen am 20. 03. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3274.


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Lieber Herr Dodgson!

Es thut mir sehr leid wenn Sie sich über meinen Brief gekränkt fühlen. Aber ich bitte beurtheilen Sie die Sache unbefangen. Von allem Anfang an und seither wie oft, wie dringend habe ich Sie gebeten, mich mit Dingen zu verschonen die meiner wissenschaftlichen Anschauung (und der aller ernsthaften Sprachforscher; führen Sie mir nicht etwa Ch. u. A. an) schnurstracks zuwider laufen! Ich habe versucht, Sie zu bekehren – umsonst. Sie beschweren sich sogar dass ich mich über Ihre Wortvergleichungen nicht äussere! Ja, wie soll ich mir denn helfen?! Sie sehen auch den methodischen Unterschied nicht ein der selbst zwischen W. Jones und Ihnen besteht! Sie werfen sich immer auf Einzelnes, statt Gruppen von Erscheinungen in Betracht zu ziehen. Über jenes emaste liesse sich in’s Aschgraue hinein disputiren. Sie sind nicht genau wenn Sie schreiben „not as you say, step mother, but, as I wrote, mother in law“; Sie schrieben nämlich belle-mère und das heisst das Eine wie das Andere, und macht für meine Argumentation gar keinen Unterschied. Auch Ihre Schlussfolgerung auf meine religiösen Anschauungen sind [sic] durchaus nicht gerechtfertigt; ich will nur dass Mystizismus und Wissenschaft vollständig voneinander getrennt bleiben. Ich bin immer und mit Freuden bereit, über Baskisches mit Ihnen zu verhandeln. Ich habe Ihnen schon gesagt dass Sie meine Abhandlung über das baskische Verbum (von der 56 Quartseiten gedruckt sind) erhalten sollen; warum lassen Sie mich das wiederholen? Ich werde Ihnen auch eine andere Arbeit schicken, die mich jetzt beschäftigt, und in der Baskisches vorkommt. Sie haben mir doch nun die Korrektur von der Hälfte der Konkordanz zu J. Br. geschickt; danach kann ich ja nicht einmal citiren. Inchauspe mag gut für die Angabe der Bedeutungen sein, aber nicht für die Analyse der Formen. Schon Stempf hatte Rev. de Ling. 1891 S. 114 gefragt, wenn daidi von egin, woher dann die Silbe di? Ich nehme Ihre Widmung sehr gern an. Hegen Sie keinen Groll gegen mich!

Ihr erg.
H.S.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Azkue Biblioteka (Euskaltzaindia). (Sig. 24)