Hugo Schuchardt Archiv

Gotha 4 Okt. 1888
Grosse Siebleberstr. 33

Verehrter Kollege!

Erst heute erwidere ich auf Ihren Brief weil ich früher nichts Bestimmtes hätte sagen können.

Seit lange ist es mein Wunsch Ihre Bekanntschaft zu machen und Halle wiederzusehen. Es hat sich aber nicht gemacht und macht sich auch jetzt schwer. Ich |2| kann mich nicht entschliessen wenn ich einmal nach Deutschland komme, meine – nun verwitwete – Mutter längere Zeit zu verlassen; und es ist ja nicht bloss Halle, sondern auch Berlin, Weimar, Jena, Leipzig, Dresden u. s. w. wohin mich Altes und Neues zieht.

Nun trifft es sich aber dass ich eine ohrenärztliche Autorität zu konsultieren wünschte und ich habe an Schwarze in Halle gedacht. Da Sie einmal so liebenswürdig gewesen sind, ein Stelldichein vorzuschlagen, würden |3| Sie zur Verwirklichung desselben dadurch beitragen, dass Sie die Güte hätten sich zu erkundigen ob Schwarze in Halle ist und wann er zu sprechen. Beiläufig gesagt, ist das Warten in den Sprechstunden sehr unangenehm (und in den seinigen war es damals schon sehr überfüllt), besonders wenn man, wie ich an demselben Tage wieder abreisen möchte.

Ist Schw. zu sprechen |4| dann komme ich in den allernächsten Tagen hinüber; den Tag kann ich allerdings vorher nicht bestimmen – ich richte mich nach dem Wetter.

Bestens grüssend
Ihr ganz ergebener

HSchuchardt

Ich schreibe – es ist das wohl überflüssig zu sagen – in grösster Eile.