Hans Georg Conon von der Gabelentz an Hugo Schuchardt (09-03210)
von Hans Georg Conon von der Gabelentz
an Hugo Schuchardt
05. 09. 1893
Deutsch
Schlagwörter: Königlich Preußische Staatsbibliothek Berlin Baskisch Berberisch Giacomino, Claudio Schuchardt, Hugo (1893) Schuchardt, Hugo (1893) Giacomino, Claudio (1892) Schuchardt, Hugo (1892) Schuchardt, Hugo (1887)
Zitiervorschlag: Hans Georg Conon von der Gabelentz an Hugo Schuchardt (09-03210). Poschwitz, 05. 09. 1893. Hrsg. von Bernhard Hurch und Katrin Purgay (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.2981, abgerufen am 20. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.2981.
Poschwitz bei Altenburg, S’.
d. 5. Sept. 1893.
Hochgeehrter Herr College!
Herzlichsten Dank für Ihre interessanten Baskischen Studien I1 und zumal für Ihre Besprechung meines Aufsatzes2. Diese kommt mir doppelt gelegen, da ich eben dabei bin, die Sache in Buchform auszuarbeiten. Sie hatte ich gar nicht bei den Basken gesucht, sonst hätte ich mich längst an Sie gewandt. Daß ich schon in Gèze3 und Giacomino4 Vorgänger hätte, erfahre ich nun erst und muß mir deren Arbeiten verschaffen, ebenso Ihre Besprechung des Giac. im Literaturbl.5 und Ihr Romanisch-Baskisches6. Hätten Sie davon noch entbehrliche Exemplare, so wäre ich Ihnen sehr dankbar für deren Mittheilung. Jedenfalls bitte ich Sie, mir Zitat, Ort und Jahr des Giacomino’schen Buchs angeben zu wollen.
Ihre romanischen Erklärungen möchte ich doch nur zum kleinsten Theile annehmen, soweit sie nämlich ihrerseits auf ihren indogermanischen (lateinischen, keltischen pp) Ursprung erklärt sind. Soweit sie |2| dies nicht sind, ist mir die Priorität des Baskischen wahrscheinlicher.
Wo ein baskisches Wort zugleich in der eigenen Sprache seine Etymologie findet und im Berberischen ein durch genügende lautliche Analogien gestütztes Gegenbild hat, kann der Anklang zufällig sein. Ebenso gut kann aber auch die Volksetymologie ein altgemeinsames Wort einem neuen etymologischen Kreise zugeführt haben.
Sie sagen: meine Tabellen der baskischen Lautvertauschungen lassen nicht Weniges, darunter sehr Merkwürdiges beiseite.7 Was wäre das? Ich bin geflissentlich nicht viel weiter, wohl nicht überall so weit gegangen wie van Eys,8 wäre Ihnen aber sehr dankbar für Ergänzungen.
Ich sehe, Sie verfügen über reicheres Material als ich. Mich haben alle meine in Berlin gethanen Nachforschungen nach etwaigen Vorgängern nicht zu Gèze und Giacomino geführt: weder in der Königl. Bibliothek noch von meinen Collegen konnte ich etwas von Vorarbeiten Anderer erfahren, und in romanistischen Zeitschriften nachzu|3|suchen, - wie konnte ich darauf verfallen?
Mir liegt vor der Hand daran, zweierlei nachzuweisen: 1.) den hamitischen Ursprung des Baskischen und 2.) die Thatsache, daß es in der Lautgeschichte der Sprachen nicht überall so reinlich hergegangen ist, wie angeblich bei den Indogermanen. Wissenschaftliche Apriorismen und Dogmatismen können Ihnen nicht verhaßter sein, als sie mir sind, und Sie sind mehr noch als ich ein Mann, der auf neuen Pfaden zu wandeln liebt.
In vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebenster
GvdGabelentz.
3 Louis Gèze. Hier: Gèze (1883-1885) .
4 Claudio Giacomino. Hier: Giacomino (1892).
7 Schuchardt (1893b: 334).
8 Willem Jan van Eys, 1825-1914, niederländischer Baskologe. Hier: van Eys (1873) .