Friedrich Wilhelm Ritschl an Hugo Schuchardt (2-9670)

von Friedrich Wilhelm Ritschl

an Hugo Schuchardt

Leipzig

19. 03. 1866

language Deutsch

Zitiervorschlag: Friedrich Wilhelm Ritschl an Hugo Schuchardt (2-9670). Leipzig, 19. 03. 1866. Hrsg. von Bernhard Hurch (2009). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.250, abgerufen am 01. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.250.


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Hochgeehrter Herr Doctor

Bis dat qui cito dat: diesem Spruche gemäß säume ich nicht Ihnen meinen schönsten Dank für Ihr stattliches Geschenk und seine freundliche Widmung1 sogleich auszusprechen, obwohl ich zu einer gründlichen Kenntnißnahme und eingehendem Studium Ihres Buches erst im Laufe dieser Wochen – glücklicher Weise Ferienwochen – kommen werde. Wenn Sie voraussetzen, daß ich über abweichende Meinungen, die Sie gegen mich geltend machten, nicht empfindlich sein werde, so kennen und beurtheilen Sie mich sehr richtig. Übrigens ist mir beim ersten flüchtigen Durchblättern noch nicht einmal etwas der Art aufgestoßen, so wie ich das auch, ehrlich gestanden, nach Ihrer lateinischen Abhandlung kaum erwartete. Nämlich |2|insofern nicht, als ich bei deren genauerer Durchlesung vielmehr im Gegentheil fand, daß Sie ziemlich zahlreiche Erörterungen über sprachgeschichtliche Punkte, wie sie sich bei verschiedensten Gelegenheiten im Laufe mancher Jahre gegeben, entweder nicht kannten oder absichtlich ignorirten, obgleich mir doch schien (und scheint), daß nicht wenige Erscheinungen, für die meist auf andere verwiesen zu werden pflegt, zuerst von mir in dasjenige Licht gestellt worden seien, dem eine mehr oder weniger allgemeine Zustimmung – oder doch Anerkennung der eigentlich Sachverständigen und Stimmberechtigten zu Theil geworden ist. Und darum, will ich gestehen, hatte auch Ihre freundliche Dedicationsabsicht etwas Überraschendes für mich. – Aber vielleicht unterscheidet sich ja auch darin, wie schon auf den ersten Anblick in so vielem Andern, die jetzige Umarbeitung wesentlich von dem frühern |3| lateinischen Entwurf, was mich aufrichtig freuen sollte.

Mit den besten Wünschen für Ihrer fernern Erfolge

Ihr

ergebenster

F. Ritschl.

Leipzig, 19/3 66.


1 Schuchardt hatte die dreibändige gedruckte deutsche Version seiner Dissertation Friedrich Diez und Friedrich Ritschl gewidmet, mit folgenden Worten ( Schuchardt 1866): "Seinen hochverehrten Lehrern, den Herren Friedrich Diez und Friedrich Ritschl widmet dieses Buch in dankbarster Hochachtung Der Verfasser." Vgl. dazu auch die Korrespondenz mit Diez.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 9670)