Adolf Mussafia an Hugo Schuchardt (44-07663)
von Adolf Mussafia
an Hugo Schuchardt
21. 02. 1882
Deutsch
Schlagwörter: Romanische Studien Cantes flamencos Einladung Böhmer, Eduard Schuchardt, Hugo (1881)
Zitiervorschlag: Adolf Mussafia an Hugo Schuchardt (44-07663). Wien, 21. 02. 1882. Hrsg. von Klaus Lichem und Wolfgang Würdinger (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.2372, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.2372.
Bester Freund!
Heute ist Faschingmontag; also keine Vorlesungen und die Verpflichtung seine Zeit angenehm zu vertreiben. Ich schreibe meinen Freunden, und das Verzeichniss meiner Schulden, das ich vor Augen habe, ist sehr gross. Als erster Gläubiger figuriren Sie; es sei also an Sie der erste Brief gerichtet. Böhmer hat Wien als seinen Aufenthaltsort gewählt, eben aus dem Grunde den Sie vermutheten. Er sitzt den ganzen Tag in der Hofbibl. und arbeitet an seinen spanischen Reformisten. Ich sehe ihn wenig, weil er sehr weit wohnt, und mit Correcturen Tag und Nacht beschäftigt ist. So oft aber es mir gegönnt ist, ein paar Stunden mit Ihm zuzubringen, freue ich mich herzlich; er ist ein gebildeter, feiner Mensch; und beim persönlichen Verkehr kann ich kaum glauben, dass er der Streithans der Rom. St. sei. Ihre Cantes1 habe ich bisher nur zum Theil gelesen; dass sie mich in gleichem Maasse belehrten und unterhielten, brauche ich kaum zu sagen; Sie kennen eben das Geheimniss, angenehm zu unterrichten; nur dass ich Ihre phonetische Terminologie nicht gut verstehe, ärgert und demüthigt mich; man wird alt und muss immer von vorne lernen.
Mit meiner Gesundheit geht es leidlich; wie steht es mit Ihnen? Wo gedenken Sie die Osterferien zuzubringen? Heuer gehe ich nicht nach Italien; es hat uns in vorigem Jahre zu wiederholten Malen gar zu arg getäuscht. Kommen Sie doch zu uns.
Herzlichste Grüsse von
Ihrem treuen
A Mussafia
Wien, 21. II. 82.
1 Schuchardt, Hugo. 1881. 'Die Cantes Flamencos'. In Zeitschrift für romanische Philologie 5: 249-322.(Brevier-/Archivnr. 125).