Carolina Michaëlis de Vasconcelos an Hugo Schuchardt (30-B7351A)
von Carolina Michaëlis de Vasconcelos
an Hugo Schuchardt
1884
Deutsch
Schlagwörter: Editionsphilologie Publikationsversand Etymologie Dankschreiben Baskologie Baskisch Michaëlis de Vasconcellos, Caroline (1897) Michaëlis de Vasconcellos, Caroline (1895)
Zitiervorschlag: Carolina Michaëlis de Vasconcelos an Hugo Schuchardt (30-B7351A). Porto, 1884. Hrsg. von Bernhard Hurch (2013). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.236, abgerufen am 10. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.236.
Printedition: Hurch, Bernhard (2009): "In der Phäakenluft von Graz bin ich erst recht faul geworden." Der Briefwechsel von Caroline Michaëlis de Vasconcellos und Hugo Schuchardt. In: Grazer Linguistische Studien. Bd. 72., S. 19-111.
Porto, Cedofeita 159
Sehr werter Herr,
Ihre sorgsame und saubere Kopie der Camões-Glosse1 (Egerton 660) erhielt ich in der Sommerfrische Vizella, wo ich zwei Monate gerastet habe – nicht ganz ohne Erfolg. Gern hätte ich Ihnen sofort ein Wort des Dankes geschrieben – um so bereitwilliger als mir mittlerweile ein origineller Engländer, der Baskenfreund Dodgson,2 mancherlei Hübsches und Interessantes von Ihnen erzählt hatte, – aber ich hatte Ihre Adresse nicht bei mir und mußte daher schweigen. Jetzt hole ich das Versäumte nach und danke Ihnen herzlich für Ihre Mühewaltung. –
Die Glosse ist interessant. Sobald ich sie las, erkannte ich daß ... ich sie sie bereits kannte! Der unglückliche Juden Dr. Antonio José da Silva hat sie 1736 durch kräftige Überpinselung zu einem Klagegesang Portugals auf den Tod einer portug. Infantin umgemodelt.3 Sie ist somit ein neues Beweisstück für die eigentümliche portug. Sitte, alte Kunstwerke aufzufrischen u. für eine Eigenarbeit auszugeben. – Gelegentlich |2| werde ich ein Wörtlein darüber sprechen.
Zu meiner Notiz über D. Francisca de Aragão4 habe ich mittlerweile noch einige neue Materialien zusammentragen können. An die Redaktion gehe ich wenn Sie über Zeit, Ort und Modus schlüssig geworden sind. –
Ein Heftchen Etymologien5 sandte ich Ihnen gestern. Sie finden darin ein Artikelchen über ibizon,6 das für den Herausgeber der altspan. Glossen freilich kaum Neues bieten möchte.
Gelegentlich sagen Sie mir vielleicht einmal, ob ms. Egerton 660 zweifellos dem XVII s. entstammt?
Für heute nur diese Zeilen!
Mit Gruß und Dank
Carolina Michaëlis de Vasconcellos
1 Es war nicht herauszufinden, ob und aus welchem Manuskript aus der Hinterlassenschaft Egertons Schuchardt gearbeitet hat. Eine entsprechende Veröffentlichung resultiert auch aus seinem Curriculum nicht.
2 Edward Spencer Dodgson (1857-1922), britischer Autodidakt und Gelehrter, Autor zahlreicher wissenschaftlicher Schriften (oft eher zweifelhafter Qualität und Verläßlichkeit) zum Baskischen, insbesondere zum baskischen Verb bei Leizarrga, er dilettierte aber auch als (baskischer) Poet. Übrigens war Dodgson der Bruder von Lewis Carrol. Seine Persönlichkeitsstruktur hat ihn in der Baskologie stark isoliert. Vgl. auch den Briefwechsel zwischen Dodgson und Schuchardt, wo das Zusammentreffen mit Caroline Michaëlis zur Sprache kommt. CMdV veröffentlicht 1897 'Distracciones filológicas. - Carta particular dirigida a E. S. Dodgson, e por elle publicada num jornal de Huelva, intitulado 'El Defensor' de 11 de Fevereiro de 1897'.
3 Da Silva war ein von der Inquisition verfolgter Sepharde, von dem es aus dem Jahre 1736 zwei Theaterstücke gibt. Aufgrund mangelnder Information zur genannten Glosse, ist es nicht möglich zu sagen, auf welches Stück sie sich hier bezieht.
4 Vorhergehende Briefe, die klären könnten, worum es sich handelt, gibt es nicht. Eine einschlägige Veröffentlichung aus diesen Jahren ist mir nicht bekannt.
6 Darin auf den S. 169-170 der Eintrag zu 'iviçom'.