Hugo Schuchardt Archiv

Bester Freund!¹

Ich habe bis heute gezögert, Ihnen zu schreiben, weil ich den Erfolg meiner Bemühungen in Bezug auf die bewusste Angelegenheit abwarten wollte. Dass meine Hoffnungen sich nicht erfüllten, wissen Sie bereits aus den Zeitungen; ich kann aber Ihnen mit Freude mittheilen, dass mein Vorschlag in Bezug auf Sie des grössten Beifalles in den maassgebenden Kreisen sich erfreute. In einer Vorconferenz, welche ungefähr ein Dutzend Mitglieder hielt, (eine Gruppe nämlich, der es gelang alle Ihre Candidaten durchzubringen), wurden (nachdem Benndorf² wegen der Anwartschaft auf Conze's Stelle einstimmig angenommen) nur noch drei Namen genannt: Hirschfeld, Inama, Schuchardt. Es wurde lange geschwankt und debattirt; Alle stimmten überein, dass es bedauerlich sei, einen Mann wie Sch. nicht schon jetzt unserer Gesellschaft einverleiben zu können; die Majoritaet aber entschied sich dafür, dass bei dem Umstande, dass Sie erst seit einem Semester bei uns sind (also 'noch nicht warm' geworden) und sich unseren Arbeiten noch nicht angeschlossen haben, die Gerechtigkeit erfordere, daß die zwei zuerst Genannten von denen der eine Österr., der andere seit mehren Jahren in Öst. ist, und beide schon vielfach für die Akad. gewirkt, Ihnen voranzugehen haben.³ Ich und meine näheren Freunde mussten unter diesen Umständen uns dem Ausspruche der Majorität fügen. Diess geschah unter dem von uns allen ausgedrückten Bedauern, das es nicht anders gehe und mit dem Vorsatze bei erster Gelegenheit für Sie einzutreten. Da nun nächstes Jahr wegen Conze's Abganges neue Wahlen erforderlich sein werden, so hoffe ich, dass es da gelingen werde, was ich schon jetzt sehnsüchtig gewünscht hätte. Wenn Sie innerhalb des Jahres Gelegenheit fänden unsere Schriften mit einer Arbeit zu bereichern, würde mir Diess |2| sehr angenehm sein.

Für Ihre Erkundigung über meinen Zustand danke ich bestens, das Unglück wollte, dass während der kurzen Anwesenheit Hortis'⁴ ich gerade einen Anfall meiner Schmerzen hatte; zwei Stunden, nachdem er mich verliess, waren die Schmerzen schon gewichen.

Von der Diez-Stiftung nichts. - Für dieses Studienjahr ist nichts mehr zu machen. Mitte Oktober werden wir, wenn Sie glauben, einen kleinen Bericht veröffentlichen; wieder um Beiträge bitten und Ende December schliessen. - Betreffs unserer Beiträge, schlug ich Hortis je 50 fl. vor; er schien einzuwilligen. Was ist Ihre Meinung? Ob deM.⁵ und Mch⁶ sich dazu einverstehen werden weiss ich nicht. bei Mt.⁷ ist die Sache um so schwieriger, da er schon in Berlin gezeichnet.

Löschhorn's Schrift,⁸ die ich bestellte, ist schon verkauft. Schicken Sie mir doch auf ein Paar Tage Ihr Exemplar. Auch schreiben Sie mir einige lat. Eigennamen auf -itta (giebt es auch deren auf -ittus ?) sammt Quellenangabe auf. Neulich muss ich irgend wo darüber etwas gelesen haben; erinnere mich aber nicht wo.

Mit besten Grüssen

Ihr

A Mussafia

NB. Was ich Ihnen über die 'Vorconferenz' schrieb, ist äusserst confidentieller Natur; am besten zerreissen Sie den Brief.