Gustav Theodor Fritsch an Hugo Schuchardt (01-03187)

von Gustav Theodor Fritsch

an Hugo Schuchardt

Neapel

27. 01. 1882

language Deutsch

Schlagwörter: language Bantu-Sprachen Hahn, Johannes Theophilus Mallinger, Lena (2012)

Zitiervorschlag: Gustav Theodor Fritsch an Hugo Schuchardt (01-03187). Neapel, 27. 01. 1882. Hrsg. von Gerald Russow (2015). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.2305, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.2305.

Printedition: Russow, Gerald (2014): Materialien zum Afrikaans im Nachlass Hugo Schuchardts. Eine Zusammenschau des Briefverkehrs und sonstiger Unterlagen.. Graz: Universität Graz.


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Neapel 27ter Jan. 82

Sehr geehrter Herr!

Ihre werthen Zeilen vom 26ten Dec. 81 erhielt ich in Neapel, ich bitte daher die verzögerte Antwort zu entschuldigen.

Allerdings sind viele Jahre vergangen, seitdem ich Süd. Afrika durchstreifte, vielleicht kann ich Ihnen aber doch noch einige nützliche Auskunft geben.

Die Griqua haben ursprünglich jedenfalls den Cap. Dialect des Hottentottischen gesprochen; in ihren heutigen Wohnsitzen sind sie benachbart und durchsetzt mit Korona's1, deren Dialekt zum grossen |2| Theil auf sie übergegangen sein dürfte. Ganz allgemein war bei ihnen damals schon die Kenntniss des capschen Holländisch verbreitet, dessen ich mich selbst im Verkehr mit ihnen bediente.

Ich bezweifele, dass die Eigenthümlichkeiten ihres nationalen Dialectes genügend studiert sind; die verwandte Nama-Sprache wird augenblicklich wahrscheinlich am besten gekannt von Dr. Theophilus Hahn, Custor on Sir George Greys' Library2 Cape-Town, der Ihnen vielleicht weitere Auskunft zu geben vermag. Ich stelle Ihnen frei sich auf mich zu beziehen, da ich den Herrn persönlich kenne. Sonst wäre wohl der alte Moffat3 in Kuruman4 (wenn er noch lebt) in der |3| Lage darüber Weiteres mitzutheilen. Persönlich, wie gesagt, vermag ich Ihnen leider nicht zu dienen, da ich mich mit linguistischen Studien zu wenig abgegeben habe.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergeb.

Gustav Fritsch

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1 Ein Khoi-Khoi-Stamm, der sich mit Bantu und Weißen vermischt hat.

2 Dabei handelt es sich um die von George Edward Grey, der von 1854 bis 1861 Gouverneur in der Kapkolonie war, Sammlung seltener Werke aus seiner Bibliothek, die er an die South African Public Library gespendet hatte. Für den Hinweis bedanke ich mich bei Lena Mallinger, die das Zitat in ihrem Aufsatz in der gls „Die Korrespondenz zwischen Theophilus Hahn und Hugo Schuchardt“ in der FN 3 verwendet hatte.

3 Nachdem sich Fritsch auf den "alten Moffat" bezieht, wird er Robert und nicht seinen Sohn John Smith Moffat (1835-1918) meinen. Robert Moffat (1795-1883) war Missionar im Namaqualand, wo er großen Einfluss auf dortige Stammeshäuptlinge ausübte. Später war er im Betschuanaland tätig, wo er die Bantu-Sprache Tswana erlernte und den Katechismus darin übersetzte, später war er wieder in Kuruman ansässig. (Gerdener).

4 Provinzhaupstadt südwestlich von Johannesburg und ursprünglich als Missionsstation begründet.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 03187)