Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (366-11125)

von Leo Spitzer

an Hugo Schuchardt

Bonn

21. 07. 1923

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Heidelberg Jaberg, Karl Meyer-Lübke, Wilhelm Pușcariu, Sextil Spitzer, Emma Neumann, Fritz Wechssler, Eduard Curtius, Ernst Robert Hilka, Alfons Maver, Giovanni (Hans) Niemeyer, Hermann Schuchardt, Hugo (1923) Friedrich et al. (1924) Spitzer, Leo (1928)

Zitiervorschlag: Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (366-11125). Bonn, 21. 07. 1923. Hrsg. von Bernhard Hurch (2014). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.2212, abgerufen am 18. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.2212.

Printedition: Hurch, Bernhard (2006): Leo Spitzers Briefe an Hugo Schuchardt. Berlin: Walter de Gruyter.


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Bonn, 21. VII.

Verehrter lieber Freund,

Ich danke Ihnen bestens für Ind.1 und die Vasconica. Ersteres hat mir sehr zugesagt, im Ton wie im Inhalt.

Die Sache mit Jaberg ist typisch für den Schweizer Geiz. M-L tat dasselbe mit einem Brief seines Schülers Puşcariu. "Schriftl.Mitt." sind übrigens nicht Widmungen in Deutschland. Ausdrücklich zugelassen.

Das einseitige Schreiben ist schwer es gleicht dem Vorlesen vor einem Tauben: man weiß nicht, wie der andere Teil reagiert. Besser ist es, man verschiebt die Korrespondenz, bis beide Teile Zeit und Lust haben. Zudem hätte ich auf eine mir sehr dringliche Frage gern Antwort.

Daher hier nur kurze Meldungen: Winter hat mich aufgefordert, an der von ihm herausgegebenen Streitbergfestschr.2 mitzuwirken und den Stand und die Aufgaben der roman. Sprachw. auf 2 Bogen darzustellen. Ich habe abgelehnt, aus verschiedenen Gründen.

Meine Frau ist jetzt 1 1/2 Monate von mir weg u. ich kann trotz der Sperre als Österreicher nun endlich am 28. Juli fortfahren, was mir wirklich ein sehnlicher Wunsch ist.

Für die Vertretung M-Ls bot mir |2|das Minist., das sonst Geld für neue Lehrstühle hat, 360.000 M (wo der Ordinariatsgehalt in 1 Monat 6-7 Mill. ist).  In Heidelberg ist Fritz Neumann zurückgetreten. Natürlich (!) hat niemand an mich gedacht und niemand sich für mich verwendet. Ich glaube, Wechssler u. Curtius haben Aussichten. Anderseits versichert mir Hilka alles mögliche Schöne, im Falle er dran käme.

Die äußere Situation wird immer grotesker: ein Assistent, blutjung, unverheiratet, ohne wissensch. Ansprüche bekommt das Doppelte von mir!

Der Kurs unter Leitung Mavers u. meiner Frau geht in Pörtsch. gut vonstatten. Die Schweden und Dänen sind sehr nette Leute.

Alle nächsten Sendungen erbitte ich nach Pörtschach.

Herzlichste Grüße

Spitzer

Niemeyer schrieb, bald werde eine 2. Aufl. d. Sch-Breviers notwendig werden!3


1 H.S., "Individualismus", in: Euphorion 16 Ergänzungsheft (1923): 1-8 (Festschrift für Seuffert).

2 J. Friedrich et al., Stand und Aufgaben der Sprachwissenschaft. (Festschrift für Wilhelm Streitberg.) Heidelberg: Winter 1924.

3 Das Brevier erscheint erst 1928 (also nach Schuchardts Tod) in stark überarbeiteter, verbesserter und längerer zweiter Auflage; diese wurde in den 70er Jahren neu gedruckt und gilt heute als Standard- und Referenzausgabe.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 11125)