Friedrich Diez an Hugo Schuchardt (04-02320)

von Friedrich Diez

an Hugo Schuchardt

Bonn

21. 04. 1866

language Deutsch

Schlagwörter: language Vulgärlatein Diez, Friedrich Christian (1836–1838)

Zitiervorschlag: Friedrich Diez an Hugo Schuchardt (04-02320). Bonn, 21. 04. 1866. Hrsg. von Bernhard Hurch (2013). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.208, abgerufen am 30. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.208.


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Bonn 21. Apr. 66

Hochverehrter Herr Doctor!

Als Ihr geehrtes Schreiben vom 14t v. M. hier ankam, hatte ich bereits eine Ferienreise in meine Heimath (Gießen) angetreten, und erst nach meiner Rückkehr, am 18t d. M., empfing ich es. Sehr bedaure ich die wenn auch nicht verschuldete Verspätung meiner Antwort. Empfangen Sie nun meinen innigsten Dank für die mir höchst erfreuliche und ehrenvolle Zueignung eines Werkes,1 welches, wie ein früheres Specimen anzunehmen berechtigt (denn noch habe ich kaum einen Blick in dasselbe thun können, da der Anfang des Semesters mancherlei Abhaltungen bringt), eine ausgezeichnete Stelle in unsrer philologischen Litteratur einnehmen wird. Danke eben auch für das elegante Exemplar! Was Ihre von den meinigen abweichenden durch selbständige Studien gewonnenen Ansichten betrifft, so versteht es sich, dass die Wissenschaft frei sein muß. Sie thun mir gegenüber nur das, was ich andern gegenüber gethan habe und fortwährend thue, und was ich auch Ihnen gegenüber thun würde und müßte, wenn ich noch einmal dazu kommen sollte, eine neue Ausgabe meiner Grammatik2 zu unternehmen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung habe ich die Ehre mich zu nennen

Ihr ergebenster

Dr. Fr. Diez.


1 Vgl. Fußnote zu Brief 2319.

2 Diez arbeitete offenbar bereits an der 3. Auflage seiner 'Grammatik der Romanischen Sprachen' (zuerst Diez 1836-1838, 3. Bde.). Im knappen Vorwort zu dieser Auflage von 1870 kommt Schuchardt auch zu einer ehrenden Erwähnung: "Ich bedauere nur, daß ich, von der Kargheit der Zeit beengt, nicht allem dem, was geleistet worden, die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden vermochte, daß ich manche treffliche Beobachtung, manchen zu Tage geförderten Schatz nur obenhin berühren konnte oder gar bei Seite legen mußte." Dazu die Fußnote (p. iv): "Dies gilt namentlich von Schuchardts bedeutendem Buche über den Vocalismus des Vulgärlateins, das ich nur wenig zu benutzen im Stande war. Umso mehr fühle ich mich veranlaßt, den Leser unmittelbar auf dasselbe als ein ergänzendes Werk hinzuweisen."

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 02320)