Hugo Schuchardt Archiv

Wien, 12. VI.

Verehrter Herr Hofrat,

Hoffentlich entrinnen Sie bald dem "Druck der Luft" und sind bald wieder ganz wohl. Ich freue mich immerhin Ihrer Zeilen, da ich in diesen schweren Zeiten Ihre Stimme schwer vermißt hatte.

Dank für die Vermittlungen Simonyi. – Gegen das Zitieren bin ich auch, aber die Unterlassung eines Zitats gilt bei den Bonnzen (beachten Sie die Orthographie!) als Kapitalverbrechen – besonders wenn ein solches caput mundi (=pezzo grosso) nicht zitiert worden ist. – Daß die Akademie Ettmayer nicht hineingewählt hat, finde ich ganz begreiflich und nicht der Entschuldigung bedürftig, ja sogar ein Entgegenwirken wäre in meinem Sinne (selbst wenn Lehrer gegen ehemaligen Schüler Stellung nehmen müßte). Bedenklicher ist die Aufnahme rechts. Wann werden aber überhaupt diese monarchistischen Ehrungsexzesse, die immer mit Gegenseitigkeitspflicht dargereicht werden, aufhören, diese reinen Titel, denen nichts entspricht, diese Unterscheidungen, die eben durch ihre an Alter und Clique geknüpften Regelmäßigkeiten alle Unterscheidungskraft verlieren?

Daß Sie schwere Folianten nicht handhaben können, tut mir mehr um Ihres subjektiven Gefühls als um der Wissenschaft willen leid: Sie haben wirklich noch so viel überschüssige Kräfte des Geistes, daß Sie der Stütze der Wälzer wie kaum ein Sprachforscher entbehren können!

Haben Sie "Organisationsmystik und Befehlswahn" erhalten?

Ergebenste Grüße und hoffentlich auf Wiedersehen im August
Spitzer