Johan Hendrik Caspar Kern an Hugo Schuchardt (06-05511)

von Johan Hendrik Caspar Kern

an Hugo Schuchardt

Leiden

27. 10. 1890

language Deutsch

Schlagwörter: language Malayalam Schuchardt, Hugo (1889) Winslow, Miron (1862) Gundert, Hermann (1872)

Zitiervorschlag: Johan Hendrik Caspar Kern an Hugo Schuchardt (06-05511). Leiden, 27. 10. 1890. Hrsg. von Silvio Moreira de Sousa (2014). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1789, abgerufen am 07. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1789.


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Leiden 27 Oct. 1890.

Verehrter Herr College,

Besten Dank für die freundliche Zusendung Ihrer „Beiträge z. K. des engl. Kreolisch,“1 die ich ein paar Tage nach dem Empfang Ihres Schreibens erhielt.

Ihre Fragen kann ich leider nur theilweise beantworten. Udumbu ist das Tam. und Malayālam uḍumbu, உதும்பு, ഉടുമ്പ് Iguana. Kotè [the stone, kernel or seed of a fruit] ist Tam. koṭṭei, கொட்டை; vgl. Malay. koṭṭa, കോട്ട. So Winslow, Tam. Dict2. und Gundert, Malay Dict.3

Askura erinnert an Skr kûra, gekochter Reis, was also freilich nicht = bĕras, sondern = návi ist. Im Malayālam ist தஜ കുറ kûra, „a kind of rice“; und Tam. ௬ரள, kûrĕn, „a kind of paddy“, was auch nicht völlig stimmt, abgesehn [sic] noch vom unerklärtes as. In den indonesischen Sprachen ist nichts derartiges.

Mati erinnert an Mahrathi môtîṃ, |2| Perle, ein Wort, das in mehreren Prākritischen Sprachen vorkommt und entlehnt nur in Indonesien. Der Perlmuschel wird aber nie, soviel ich weiss, durch das einfache Wort für „Perle“ ausgedrückt. Ikel kann, wie Sie selber gesehen haben, nicht jav. ꦲ ꦶ ꦏ ꧀

ꦲ [Siehe Brief] zijn [sic]; hiemit nahe verwandt, ist altjav. ikĕl, wovon mekĕl, kraus. Jav.

ꦺ ꦲ ꦴ ꦺ ꦏ ꦴ ꦭ ꧀

ꦲ [sehe Brief] ist wohl weiterbildung der Wurzel kol, die altjav. „ertragen“ und „umpassen“, bedeutet.

Bei der Bezeichnung der Aussprache der Malaiischen stösst man auf praktische Schwierigkeiten. Wenn man die Laute in Texten phonetisch bezeichnen wollte, was an und für sich nicht sehr schwierig sein würde, so wäre die ursprüngliche Orthographie kaum zu erkennen. Die Schreibweise ōrang ist wohl hervorgerufen durch das Bestreben der Bezeichnung des Lautes durch arabische Buchstaben gerecht zu werden. Thatsächlich ist das o in orang ein wenig gedehnt. Auch das a in bĕvar ist nicht unsere Kürze; -ar lautet in diesen Falle ungefähr wie z. B. im franz. hasard.[I] Bei der vollkommenen Untauglichkeit der arabischen Schrift für |3| das Malaiische wird man wohl nie eine zweckmässige Bezeichnung der Laute erfinden, und die arabische Schrift zu ersetzen wird auch schwer halten, wiewohl auf den Schulen die Kinder auch mit lateinischen Buchstaben zu schreiben gelehrt werden. Was Sie auf S. 20 Ihrer „Beiträge“ sagen, - veranlasst mich zu einer Bemerkung, die Sie vielleicht interessiren dürfte. Im Niederländischen unterscheiden wir in der Aussprache, nicht in der Schrift, zweierlei d; ersteres ist dental (nicht ganz interdental aber) und entspricht etymologisch got. p, engl. th, hochd. d; letzteres ist supradental (nicht precis cacuminal) oder lingual, wenn man will, und entspricht den got., engl. d, hochd. t. Wenn infolge eines niederl. Lautgesetzes schliessende Media in Tenuis übergeht, wird dentales d d.o t; linguales d aber d.o t; was eigentlich keine Ausnahme zur Regel bildet. Eine wirkliche Störung findet nur statt, wenn ein d von einem r gefolgt wird, denn vor r wird jedes linguale d dental. Wir sprechen also drinken, droog, usw. so aus als ob das Engl. thrink, thry hatte; also vor r fallen die zwei d zusammen, oder genauer: das dr von drinken usw lautet wie dr in drie, drei. |4| Etwas ähnliches im Englischen, und zwar nicht nur mundartlich, denn ags. dr- wird engl. -ther-, in hither, thither, whether, weather, mother, father.

Als Gegengeschenk sende ich einige Aufsätze4, die, wenn ich mich richtig entsinne, Sie noch nicht von mir erhielten.

Mit freundlichsten Grüssen

Hochachtungsvoll ergebenst,

H. Kern.


1 Vermutlich wird folgendes Werk gemeint: Schuchardt, Hugo. 1889. 'Beiträge zur Kenntnis des englischen Kreolisch II. Melaneso-englisches'. In Englische Studien. Organ für englische Philologie unter Mitberücksichtigung des englischen Unterrichtes auf höheren Schulen 13: 158-162.

2 Winslow, Miron. 1862. A comprehensive Tamil and English dictionary of high and low Tamil. Madras: P.R. Hunt.

3 Gundert, Hermann. 1872. A Malayalam and English Dictionary. Mangalore: C. Stolz [London: Trübner & Co; Basel: Missionshaus].

4 Es liegen keine Informationen vor.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 05511)