Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (149-10910)

von Leo Spitzer

an Hugo Schuchardt

Wien

28. 08. 1918

language Deutsch

Schlagwörter: Ettmayer, Karl von Ungarn Bonn

Zitiervorschlag: Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (149-10910). Wien, 28. 08. 1918. Hrsg. von Bernhard Hurch (2014). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1750, abgerufen am 16. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1750.

Printedition: Hurch, Bernhard (2006): Leo Spitzers Briefe an Hugo Schuchardt. Berlin: Walter de Gruyter.


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Wien, 28. VIII.

Verehrter Herr Hofrat,

Da ich ungebärdiger "Anti-" als "Majestät" angesprochen werde, antworte ich, indem ich das geistig wie körperlich tote Porträt1 umseitig sende! – Aber so serenissimus bin ich denn doch nicht: das dtsch. Weife (oder vielmehr der gotische Reflex) lebt ja in kat. guipar 'lugen, blinzeln', urspr. 'winden, schrauben' (Kluge), das die Urbedtg. von weifen ist. Es müßte also Kontamination von haspa + wīp- = *waspa angenommen werden. Das ist eine "schöne" Etymologie, für die ich Ihnen dankbar bin. Haben Sie es so gemeint?

Jetzt wird in Ungarn eine Professur für Frz. errichtet, allerdings eine Entente-Professur. Früher hätte ich vielleicht dahin |2|gepaßt, als Mensch der Entente (im Sinn von Völkerverständigung), jetzt aber, wo jeder in ein Kastel geworfen wird ("Militarismus" nach Ihrer Definition), muß man auf all das verzichten und Privatdozent ohne Tätigkeit (oder was gleichbedeutend ist, in einem französisch besetzten Bonn) bleiben!

Ergebenste Grüße
Spitzer

Ein Erfolg Ihrer Rezension: Ettmayer hat mir gesagt, er habe "nichts" "so" gemeint...


1 Spitzer verwendet eine ältere Postkarte mit der aufgedruckten Franz Josefs-Marke, zu einer Zeit, wo schon längst Postkarten mit der Marke Karls I. in Verwendung waren.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 10910)