Hugo Schuchardt Archiv

Wien, 28. I. 1918

Verehrter Herr Hofrat,

Zornmut (oder -wut?) – nein! Ich bin glücklich und zufrieden, daß es nur der Krakowitzer (mit dem deutschen Namen!) ist – und Herr Hofrat nichts mit der Sache zu tun haben. Ich hatte schon gefürchtet, daß Sie die Widmung eines Werkes aus meiner Feder nicht annehmen wollten – und das wäre allerdings eine so schwere Kränkung gewesen, daß ich schon im Voraus aufgeregte Tage vor Ihrer heutigen Karte verlebte. Also, das ist weggefallen und ich bin froh, auch über den Bruch des Nichtschreib-Gelöbnisses. Da nun ein Anfang gemacht und das Schreib-Eis gebrochen ist, darf ich fragen

1) ob Ihnen die Widmung des wahrscheinlich von Reisland zu verlegenden Werkes genehm ist

2) warum Herr Hofrat in Ihrer Sprachverw.|2|einen Wurzelpunkt in Ihrem Schema der Verwandtschaftsverhältnisse der roman.Spr. annehmen – statt eines Strunkes aus vielen Wurzelfasern?

3) ob Sie wissen, daß schon Scherer die beiden Wege der Bezeichnungs- und Bedeutungslehre angedeutet hat (vgl. das Motto zu Wyplel's "Wirklichkeit u. Spr.")?¹

4) ob Sie eine Arbeit über das Thema "Schopenhauer u. die Sprachwissenschaft" kennen (außer Tappolets Wuthmannschrift)?² 4) als eine rein egoistische Frage erheischt weniger dringliche Behandlung.³

Ergebenste Grüße vom
Spitzer

Die Änderung ist vorgenommen worden, nur Försters Name ist der Bibliographie halber erwähnt geblieben.