Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (80-10842)
von Leo Spitzer
an Hugo Schuchardt
24. 05. 1917
Deutsch
Zitiervorschlag: Leo Spitzer an Hugo Schuchardt (80-10842). Wien, 24. 05. 1917. Hrsg. von Bernhard Hurch (2014). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1667, abgerufen am 29. 03. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1667.
Printedition: Hurch, Bernhard (2006): Leo Spitzers Briefe an Hugo Schuchardt. Berlin: Walter de Gruyter.
Wien, 24. V.
Verehrter Herr Hofrat,
Ihre Bemängelungen gelten offenbaren Mängeln und gerade stilistische Fehler sind bei einem stilistisch Empfindenden Fehltritte. Heute würde ich die betreffenden Sätze nicht mehr schreiben, da ich die Form auch bei wissenschaftlichem Arbeiten hoch bewerte. – Die Separata sollen Ihnen zur gegebenen Zeit zukommen.
Wie geht es Herrn Hofrat? Ich weiß, Sie leiden sehr unter der Hitze und da geht denn mein Gedanke gerade dann, wenn ich die laue Wärme als beseligend empfinde, zu Ihnen hin! Im nächsten Winter lese ich an der Urania einen Zyklus "Die menschliche Sprache", in dem die Sprache als Entwicklung wie als System, als individuelles Ausdrucksmittel wie als Verständigungsmittel von Kollektivitäten gezeichnet|2| werden soll.
Gegenwärtig allerdings plätschere [ich] (mehr als in Dame Romanistica's) in der doña duende holden Gewässern. Aber der Mensch gewinnt, was der Wissenschaftler an Zeit verliert, in Fülle des Erlebens wieder. Immoralitätsapostel! – werden Herr Hofrat sagen.
Ergebenste Grüße
Spitzer