Gerhard Bähr an Hugo Schuchardt (5-404) Gerhard Bähr Oroitz Jauregi Nazabal Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.153 5-404 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Österreich Steiermark Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen 404 Gerhard Bähr Papier Brief 6 Seiten Zumarraga 1921-01-18 Hugo Schuchardts wissenschaftlicher Nachlass (Bibliothek, Werkmanuskripte und wissenschaftliche Korrespondenz) kam nach seinem Tod 1927 laut Verfügung in seinem Testament als Geschenk an die UB Graz. Oroitz Jauregi Nazabal 2005 Correspondencia de Gerhard Bähr con R. M. Azkue, H. Schuchardt y J. Urquijo (1920-1944) Donostia-San Sebastián Gipuzkoako Foru Aldundia-Diputación Foral de Gipuzkoa Oroitz Jauregi Nazabal 2007 Die Korrespondenz zwischen Gerhard Bähr und Hugo Schuchardt Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

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Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

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Gerhard Bähr Zumarraga 1921-01-18 Hugo Schuchardt Spain Zumarraga Zumarraga -2.31408,43.08858 Korrespondenz Gerhard Bähr - Hugo Schuchardt Korrespondenz Philologien Revue internationale des études basques Baskisch Altfranzösisch Spanisch Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
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Zumárraga, d. 18. I. 1921 Nord Spanien Sehr geehrter Herr Professor!

Leider verhinderte mich ein längeres Unwohlsein, Ihnen s[o]fort für Ihre Karte zu danken und zu den Festen Glück zu wünschen. Nachträglich möchte ich nun noch die Hoffnung aussprechen, dass Ihnen das neue Jahr nur Gutes und Erfreuliches bescheren möge, vor allem aber eine Festigung Ihrer Gesundheit, so dass noch viel von Ihrer unerschöpflichen Schaffenskraft erwartet werden kann, was ich in Anbetracht des hier allmählich erwachenden Interesses für das Studium der Sprache um so sehnlicher wünsche. Herzlich danken möchte ich Ihnen für das Interesse, das Sie mir hinsichtlich meiner Studien und meiner späteren Pläne entgegenbringen. Eigentlich war es meine Absicht, mich ganz der Sprachwissenschaft zu widmen, besonders den neueren Sprachen. Leider hat der Krieg mit seinem unglücklichen Ausgang diese Absicht vereitelt, da in Deutschland kein Unterkommen zu finden wäre und die Sprachwissenschaftler hier im Auslande sich sehr kümmerlich durchschlagen müssen. In Anbetracht dieser Zustände habe ich mich entschlossen, das Studium der Chemie einzuschlagen, für das ich schon früher reges Interesse hatte, hoffe aber nebenbei noch genügend Zeit zu haben, um mich etwas der Philologie zu widmen. Ich gedenke, wenn ich Ostern nach Göttingen zurückkehre, neb[en] chemischen vielleicht noch altfranzösische und altenglische Vorlesungen weiterzuhören. Oder könnten Sie mir im Zusammenhang mit dem Baskischen das Studium irgend einer anderen Sprache empfehlen? Leider ist in Göttingen die Auswahl nicht allzu reich; es gab z. B. seinerzeit nicht einmal spanische Vorlesungen. Auch das wissenschaftliche Studium des Baskischen will ich dann eifriger betreiben, das ich gegen meinen Willen etwas liegen lasse, um mich durch möglichst vieles Reden und Hören und durch Streifzüge in die benachbarten Mundarten in die Sprache, wie sie jetzt ist, hineinzuvertiefen und mir wenn möglich baskisches Denken zu Eigen zu machen. Dazu gehört aber viel mehr Übung als ich zu Anfang dachte. Kürzlich auf einem Ausfluge an die Meeresküste zwischen Ondarroa un[d] Zarauz hatte ich reiche Gelegenheit zu Beobachtunge[n]. Besonders konnte ich feststellen, wie das bizkainische und das gipuzkoanische, die hier in Legazpia und Oñate sehr scharf von einander getrennt sind, allmählich ineinander übergehen. Ich versuche in allen Orten, durch die ich komme, so weit es geht, die Konjugation aufzuzeichnen. So sagt man z. B. in Deva für ( zait, zaizkit; zaizu, zaizkizu ) usw.: zat, zazt; zatzu, zatzuz; zako, zakoz; zaku, zakuz; zakobe, zakobez . Ebenso in der Vergangenheit statt: ( zitzaidan, zitzaizkidan; zitzaizun, zitzaizkizun ) usw.: zitzatan, zitzazten; zitzatzu[n], zitzatzuzen; zitzakon, zitzakozen usw. Für ( du, dute ) deu, debe . Für ( nuen, zuen, zuten ) neban, zeban, zeben . Für ( dizut, dizkizut, dizkizu, dizkiot, dizkiote, dit, dizkit) dizut, dizuzt, dizuz, diozt, diobez, ditx, dizt .

Für ( zizkioat, zizkionat ) sagt man ziozt, zionazt. Für ( zizkiok, zizkion ) ebenfalls ziozk, ziozan, usw. Auch in der einfachen Konjugation geht das Objektpluralzeichen dem Subjekt bald vor, bald nach, z. B. von euki bildet man dazkat, dakazuz, dakaz , von ekarri dakarzt, dakarzuz, dakarz... In Zumaya entdeckte ich auch die Form dazkit , von der ich im letzten Brief schrieb, doch ist sie hier sicher zusammengezogen von dakizkit ; den[n] man sagt in Zumaya allgemein z. B. zezkiat für ( zekizkiat ), dizkazu für ( dizkidazu ), dizkot für dizkiot usw.

Es ist äusserst bedauerlich, dass sich noch keiner gefunden hat, der die ganzen mundartlichen Verschiedenheiten des Zeitwortes in Gipuzkoa zusammengestellt hat, was sicherlich nicht so schwer wäre. Ich selbst hätte es mit grossem Eifer unternommen, wenn ich nur mehr Zeit und Gelegenheit gehabt hätte. Vielleicht komme ich dazu nach Beendigung meiner Studien in Deutschland, wenn sich nicht inzwischen jemand anders daran gewag[t] hat. Ich nehme an, dass dieses in etwa 4-5 Jahren der Fall sein wird, und da in Deutschland sicher keine Stelle zu finden wäre, so liegt es am nächsten wieder hierher zurückzukehren. Auch jetzt schon kommen zahlreiche Deutsche a[l]ler Berufszweige hierher und werden mit offenen Armen empfangen; denn da ja die sehnsüchtig erwarteten deutschen Waren ausbleiben und wohl auch noch länger Zeit ausbleiben werden, sucht man alles möglichst i[m] Lande anzufertigen und da die Unterweisung fehlt, zieh[t] man immer mehr deutsche Qualitätsarbeiter ins Lan[d]. Die Industrie hat sich in den letzten 30 Jahren, seitdem mei[n] Vater ins Land kam, sehr stark entwickelt. Damals gab es nur Mühlen, heutzutage ist jedoch jeder kleine Waldbach ausgenutzt zu Kraft- oder Lichtanlagen. Sogar hier in Legazpia gibt es mehrere Fabriken, deren eine weit über 100 Arbeiter beschäftigt. Mit deutschen Verhältnissen lässt sich natürlich die hiesige Industrie bei weitem nicht vergleichen, aber für Spanien ist sie sehr rege. Hoffentlich ist es mir später auch einmal vergönnt, an ihr Anteil zu nehmen. So denke ich mir die nächste Zukunft, aber gerade in den letzten Jahren ist ja alles ganz anders gekommen, als man gedacht hat.

Einige Beobachtungen möchte ich noch erwähnen, die ich in Vergara gemacht habe. Ich konnte nichts mehr feststellen von der im Verbe Basque des Fürsten Bonaparte erwähnten Tatsache, dass die obersten Schichten die einheimische bizkainische Mundart verachten und sich des reinsten uipuzkoanischen bedienen. Dafür scheinen manche guipuzkoanischen Formen neben den bizkainischen gebraucht zu werden, wenigsten[s] von den Städtern. So hörte ich sie neben zagoz das zaude von Beterri und sogar das zare von Goyerri häufig nebeneinander gebrauchen, auch dare, daude, dagoz , und ähnliches, aber immer nur dot, dabe, neban, zeban (3. pers.), dotsut, dotsat . Im Zusammenhang mit den Unregelmässigkeiten des Verbums izeki im Imperfekt zizekagun , aus der Léon in der Rev. I . eine Theorie über 2 Imperfekta ableitet, stellte ich hier ganz ähnliche Formen fest z. B. zotsagun neben gotsan, zeuzkagun wir hatten, zekigun, zekargun usw. Diese sind augenscheinlich unter Einfluss des Präsens na[ch] zekarzun für zenekarren, zekizun für zenekien usw. gebildet. Ob nich[t] izeki derselben Erscheinung seine Unregelmässigkeit zu verdanken ha[t]. Nun möchte ich schliessen, um die Absendung des Briefes nicht noch weiter zu verzögern.

Seien Sie nochmals meines wärmsten Dankes versichert für das mir gewidmete Interesse und herzlich gegrüsst mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen. Ihr G. Baehr

Konjugation von “det” in Legazpia u. Oñate

Die von der kürzlich gegründeten Akademie verlangte Rechtschreibung, deren ich mich bediene, ist folgende:

a, e, i, o, u, ü (ã, ẽ, ĩ, õ, ũ, ü ), b, d, dd, f, g, h, j, k, l, ll, m, n, ñ, p, r, rr, s, x, t, tt, ts, tx, tz, y, z.

Es folgt das Präsens von det, bezw., dot, nebeneinander die Formen aus Legazpia u. Oñate.

Ich es Ich sie Ich dir Ich euch Ich ihm Ich ihnen det, dot dittut, ttut dizut, dotzut dizuet, dotzuet diot, xat di(o)et, xat dezu, dozu dittuzu, ttuzu diozu, xatzu di(o)ezu, xatzu du, dau dittu, ttu dizu, dotzu dizue, dotzue; dio, xau; di(o)e, xau de(g)u, do(g)u dittu(g)u, ttugu dizu(g)u, dotzu(g)u dizue(g)u, dotzuegu; dio(g)u, xa(g)u; di(o)egu, xa(g)u dezué, dozué dittuzue, ttuzue diozue, xatzue; di(o)ezue, xatzue dué, daué dittue, ttue dizue, dotzue dizue, dotzue; dioe, xaue; di(o)e, xaue
Du mir Du es uns Ich dich Ich euch Du mich Du uns zaittut, zaut zaittuet, zauet ddiazu, doztazu di(g)uzu, dozkuzu nazu, naizu gaittuzu, gaittuzu dit, dozt di(g)u, dozku zaittu, zau zaittue, zaue nau, nau gaittu, gaittu zaittugu, zaugu zaittuegu, zauegu ddiazué, doztazue di(g)uzue, dozkuzue nazue, naizue gaituzue, gaittuzue ddié, doztai di(g)ue, dozkue zaittue, zaue zaittue, zaue naue, naue gaittue, gaittue
Imperfekt Ich es Ich sie Ich dir Ich euch Ich ihm Ich ihnen non, neben nittun, nittuan nizun, notzun nizuen nion, notzan ni(o)en zendún, zeben

zittuzun, zittuzun

zenduzen

zinitun

ziñion, zotzan

ziozun

ziezun
zon, eben zittun, zittuan zizun, otzun zizuen zion, otzan zi(o)en zendún, geben

genduzen, gituan

giñitun

ginizun, geutzun

otzugun

ginizuen

giñogun, gotzan

giñion

giñegun
zenduén, zeuen zenduzten, zituzuen ziozuen, zotzain ziezuen

zuén, eyen

ebain

ebein

zittuen, zittuen zizuen, eutzuen zizuen zioen, otzain zi(o)en
Imperfekt Du es mir. Du es uns Ich dich Ich euch Du mich Du uns zinduan, zinduan ??

ziazun, noztazun

zenian

ziuzun, ozkuzun

ninduzun, ninduzun

nindun, ninduan

ginduzun, gindu[zun]

gindun, gindu[an]

zian, noztan zi(g)un, ozkun

zindun, zinduan

zinduun, zindugun

ninduzuen, ninduzuen

ninduen, ninduen

ginduzuen,ginduzu(t)[uen]

ginduen, gindu(t)[en]

ziazuen, noztazuen zi(g)uzuen, ozkuzuen zien, noztain zi(g)uen, ozkuen zinduen, zinduen
Einige Formen von naiz : Ich bin Er zu mir, zu dir, zu ihm usw. naiz, naiz zat, xat z(er)a, za(r)a zatzu, xatzu da, da zako, xako g(er)a, ga(r)a zaku, xaku z(er)ate, zarai zatzue, xatzue die, di(r)a zaye, xako
Ich war nitzen, nintzan

zitzetan, xatan

zitan

ziñen, ziñan

zitzezun, xatzun

zitzun

zan, zan

zitzekon, xakon

zikon

giñen, giñan

zitzekun, xakun

zikun

ziñeten, ziñain

zitzezuen, xatzuen

zitzuen

zien, zi(r)an

zitzeten, xakon

zizten

Andere Beziehungen als diese beim intrans. Verbum sind in Oñate selten in Legazpia ganz unbekannt. So weit ist der Verfall der Konjugation schon fortgeschritten! Übrigens geht die Jugend noch weiter. Für sie gibt es ausser den allernotwendigst[en] keine Verbalbeziehungen mehr. Bei den transitiven Verbum fehlt überall d[er] Plural von dizut (= dizkizut ) diot (= dizkiot, diozkat ) usw. Im inneren Bizkayas sollen die richtigen Formen noch gebrauch[t] werden. Für das guipuzkoanische kann ich sie selbst bezeugen, da ich sie bei Tolosa gehört habe. Dieser Verfall ist überall sehr gross, wo das Denken der Leute schon beinahe spanisch ist.