Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (303-s.n.)

von Hugo Schuchardt

an Julio de Urquijo Ybarra

Graz

12. 12. 1913

language Deutsch

Schlagwörter: Leon, Albert Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Campión y Jaymebon, Arturo Darricarrère, Jean Baptiste Dodgson, Edward Spencer Trebitsch, Rudolf Schuchardt, Hugo (1914) Darricarrère, Jean Baptiste (1913) Larramendi, Manuel de (1745)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (303-s.n.). Graz, 12. 12. 1913. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1512, abgerufen am 22. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1512.


|1|

G., 12. 12. ’13

Lieber Freund,

Ich habe Ihnen gestern einen Artikel über denselben Gegenstand geschickt den A. Léon im letzten Heft behandelt1. Seine Zusammenstellung vonnago mit keltischem mi a arosaf usw. ist sehr glücklich und fruchtbar, ich selbst bin dadurch in der Erkenntnis der baskischen Konjugation in überraschender Weise gefördert worden. Aus Léons beklagenswerten Umständen, die ihn verhindern seine eigenen Arbeiten durchzulesen, sind wohl nicht nur verschiedene Druckfehler zu erklären (z.B. 436, 12. [4]? - 436,13 le statt te, 436, 7 v.u. mi agaraf für mi a agaraf 437 unten ty für ti), sondern auch manche Schwächen und Unklar|2|heiten in der Ausdrucksweise. So verstehe ich nicht recht die Konstruktion von En fût-il autrement usw. S. 428 f. Merkwürdig die Beziehung von l'autre hypothèse S. 430 auf die 4 Zeilen später genannte passivité du verbe transitif.

Ihre Refranes y sentencias habe ich erst flüchtig angeschaut. Das Wort beçuza in N. 55 macht mir nicht einige, sondern viel Schwierigkeit. Azkue führt es nur aus Orozco an; kommen nicht anderswo wenigstens ähnliche Formen vor? Es erinnert an einen Imperativ wie bekusa möge er sehen. In jaunuc N. 85 ist das zweite u wohl sicher ein Druckfehler; als Assimilationsfall stände es ganz vereinzelt da.

Campións Arbeiten erregen in mir immer die Sehnsucht nach einem bask. Onomasticon; der Sprachforscher kann mit den für |3|den Geschichtsforscher so interessanten Mitteilungen aus mittelalterlichen Urkunden (s. auch Jaurgain u.a.) nichts anfangen.

Darricarrère setzt mich durch seine Sendungen (die letzte über ciseau)2 in große Verlegenheit; ich bin nicht gern unhöflich, aber ich kann ihm auch nicht danken. Er ist unverbesserlich ebenso wie Dodgson, nur in anderer Weise. Er könnte uns so vielen wertvollen Stoff vorlegen!

Gestern bekam ich aus dem Leipziger Völkermuseum eine Anfrage wegen baskischer Wiegen (Sachen und Wörter). Wegen des Sachlichen habe ich den Betreffenden an Dr.Trebitsch verwiesen; ein paar Ausdrücke konnte ich ihm selbst angeben. Ochoco (Larr.)3oheko (Fabre) habe ich beiseite gelassen; ich finde |4|sie nicht bei Azkue. Ja, wenn wir Azkues rom.-bask. Wörterbuch hätten! Das ist mein Ceterum censeo.

Errexala ist mir nach dem was Sie mir zuletzt mitteilten, noch rätselhafter als früher.

Demnächst hoffe ich wiederum Ihnen einige Kleinigkeiten schicken zu können.

Mit herzlichem Gruß

Ihr

HSchuchardt

|5|

1 V. A. Léon „La manière actuelle d'indiquer les personnes-sujets au présent intransitif est-elle primitive en basque?“, RIEV 7 (1913): 428-438 y H. S. „Die Stellung des Subjektpronomens in den baskischen Verbalformen“, RIEV 8 (1914c): 1-5.

2 J. B. Darricarrère „Le ciseau outil préhistorique. Nouvelle étude de paléontologie linguistique“, Bulletin de la Société de Bayonne 34 (1913): 94-117.

3 Esta forma errónea figura efectivamente enLarramendi (1745), s.v. cuna. En Harriet (1741) , una de las fuentes de Larramendi, se lee „ohocoa, berceau“.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)