Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (301-s.n.)
von Hugo Schuchardt
19. 11. 1913
Deutsch
Schlagwörter: Revue internationale des études basques Baskisch Gartner, Theodor Lacombe, Georges Meyer-Lübke, Wilhelm Trebitsch, Rudolf Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Oihenart, Arnaud d´ Brasilien Schuchardt, Hugo (1913) Meyer-Lübke, Wilhelm (1911–1920) Schuchardt, Hugo (1914) Schuchardt, Hugo (1914) Schuchardt, Hugo (1911)
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (301-s.n.). Graz, 19. 11. 1913. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1470, abgerufen am 09. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1470.
G. 19. 11. ’13
Lieber Freund!
Es ist wahr, wir haben lange nichts voneinander gehört. So weit das an mir liegt, darf ich — von den bekannten allgemeinen Hemmungen abgesehen — mich darauf berufen daß mich die Abfassung einer kleinen Festschrift (für Th. Gartner zu seinem 70. Geburtstag am 4. Nov.)1 geraume Zeit in Anspruch genommen hat. Ich habe diese Schrift weder an Sie noch an Lacombe geschickt weil darin nichts auf das Baskische Bezügliches vorkommt und sie fast ganz innerdeutschen Sprachangelegenheiten gewid |2|met ist. — Obwohl nun viele andere Dinge sich an mich herandrängen, hoffe ich doch durch Kleinigkeiten mich bei den Lesern der RB im Andenken zu erhalten. So ist mir gerade heute eingefallen daß eine Überprüfung der baskischen Etymologien in Meyer-Lübkes Rom. Etym. Wtb.2 von mir auch "zwischen den Schlachten" bewerkstelligt werden könnte und dabei doch recht nützlich sein würde3Auch eine kurze Anzeige von Sirets letztem Buche4, von der ich Ihnen schon eine Andeutung gemacht habe, ist nicht vergessen.
Dr.Trebitsch ist von seiner baskischen Reise entzückt und vor allem von der Liebenswürdigkeit mit der Sie ihn nicht nur aufgenommen, sondern auch durch |3|so lange Zeit hindurch begleitet und gefördert haben. Wie mir die Wiener Phonogramm-Kommission für meine Empfehlungen gedankt hat, so danke ich nun wiederum Ihnen herzlichst für deren Berücksichtigung.
Ich freue mich daß es mit dem Atlas Ernst wird. Seien Sie nur nicht allzu bedenklich! Verhalten Sie sich schließlich nach dem alten Grundsatz der Ärzte: ut aliquid fiat.
Auf Landuchio bin ich sehr gespannt. Errexala hat kaum etwas mit arets zu tun; es ist gewiß ein spanisches Wort. Ist arbol nicht in einem ganz bestimmten Sinn zu nehmen? Dem Laute nach würde errexala gut zu span. (ar)rejada stimmen.
|4|Was die zweifelhaften Wortformen der Refranes anlangt, so habe ich nichts besonderes dazu zu sagen. Ilaso (88) muß ein Druckfehler für ilako sein, veranlaßt allerdings durch das vorausgehende olaso; es würde keine eigentliche rima, sondern eine asonancia vorliegen. Diese ist doch auch dem Baskischen nicht fremd? Bioretan (118); Azkue wird recht haben biorretan zu lesen, vgl. biorri zu biorta wie biurri zu biurtu; Surtu (123) ist sicher Druckfehler. 126 ist mir überhaupt nicht ganz klar, Azkue hat asi (nicht atzi) im Dicc. (unter andur und asi); Ihre Erklärung scheint mir richtig zu sein, nur bedürfte es weiterer Belege (azi im Niederrav. casta, raza Azk.). Diratã (137) kann kaum von iraiz gebildet sein.5Es wird aber in der Tat zu dedezac bei Oihenart gehören, welches von ede(ki) gebildet ist (s. RB V, 446). 6Nebenformen von diesem sindideki, idiki, idigi, ireki, iriki, irigi. Diretan würde der Infinitiv sein. — Eine frohe Kunde ist es daß Azkue nun ernstlich an die Vollendung seines großen
Mit herzlichstem Gruß
Ihr
HSchuchardt
Der (wie ein Italiener sagen würde) “benedetto” Tango fängt auch bei uns an Wurzeln zu schlagen. Wissen Sie zufälligerweise, wo er eigentlich in Südamerika zu Hause ist? Man nennt bald Brasilien, bald Argentinien bald ein andres Land. In meinen südamerikanischen Wörterbüchern finde ich das Wort nicht, nur die cubanischen verzeichnen es, als einen Tanz der negrosbozales.
|6|1 H. S. An Theodor Gartner zum 70. Geburtstag (4. November 1913). Deutsche Schmerzen. Graz 1913c.
3 H. S. „Die Herleitungen aus dem Baskischen, bzw. Iberischen in Meyer-Lübkes Rom. Etym. Wb.“ RIEV 8 (1914-1917b): 325-337.
4 H. S. „L. SIRET, Questions de chronologie et d'ethongraphie ibériques“, RIEV 8 (1914b): 172-174.
5 Michelena (1964b [1988: 800]) habla todavía del „inexplicado diratan“.
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)