Max Leopold Wagner an Hugo Schuchardt (5-12582)

von Max Leopold Wagner

an Hugo Schuchardt

Berlin

07. 08. 1920

language Deutsch

Schlagwörter: Dankschreiben Bibliotheken und Bibliothekswesen Literaturbeschaffung Widmung Privatbibliotheken C. Winter (Heidelberg) Sachwortforschung Publikationsvorhaben Abbildungen in Publikationen Sprachkontaktphänomene Bittschreibenlanguage Baskischlanguage Berberischlanguage Sardischlanguage Arabisch Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Schuchardt, Hugo (1914) Wagner, Max Leopold (1921) Schuchardt, Hugo (1918)

Zitiervorschlag: Max Leopold Wagner an Hugo Schuchardt (5-12582). Berlin, 07. 08. 1920. Hrsg. von Bernhard Hurch und Giovanni Masala (2009). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.135, abgerufen am 22. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.135.


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Charlottenburg, 7. VIII. 20 Kantstr. 31

Sehr verehrter Herr Professor!

Von einer kleinen Reise nach Mitteldeutschland zurückgekehrt, fand ich zuhaus zumeiner größten Freude Ihren freundl. Brief und Ihre Karte vor.

Ich danke Ihnen zunächst für Ihre liebenswürdigen Worte und für das Vertrauen, dasSie mir schenken: Wie schön plaudern Sie in Ihrem Briefe und wie interessant sindIhre Bemerkungen. Wenn meine Artikel Ihnen Anlaß geben sollten, auf Ihr Materialzurückzugreifen und das eine oder andere zu veröffentlichen, so wäre das die schönsteBelohnung meiner Mühen. Daß sarra baskisch ist, war mir sehr interessant.Azkue istmir leider bisher unzugänglich geblieben. Die hiesige Bibliothek besitzt dasWerk1 natürlich; aber es ist seit zwei Jahren verliehen und allemeine Reklamationsversuche blieben bisher erfolglos.

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Ihre Arbeit über die Sprache der Saramakkaneger2 kenne ich und benutzte sie s. Z. auf der Bibliothek; dochwäre ich natürlich glücklich, sie zu besitzen, und wenn Sie wirklich noch einverfügbares Exemplar besitzen und so gütig sein wollen, es mir zu schicken, wäre ichIhnen ungemein dankbar, besonders wenn Sie eine eigenhändige Widmung hineinschreibenwollten. Es wäre dieses Exemplar dann ein besonderer Stolz meiner Bibliothek.

Jetzt geht eben meine Arbeit „Das Ländliche Leben Sardiniens im Spiegel der Sprache“bei Winter in Druck. 3 Ich habe darin versucht, dieprimitive Kultur des ländlichen Sardiniens im Zusammenhang darzustellen,Bodenverteilung, Ackerbau, Ackergeräte, Bienenzucht, Viehzucht, Milch- undKäsebereitung, Spinnen und Weben, die Tracht, Geburt, Hochzeit und Tod. Natürlich mitAbbildungen. Es schwebte mir dabei der so oft von Ihnen |3|betonte Gedanke vor, das lexikalische Material in sachlicher Anordnung zubesprechen, nicht alphabetisch. Die Arbeit geht bis auf meine ersten Sardinienreise(1904) zurück und hat mich andauernd beschäftigt; sie hat mir viel Freude bereitetund ich hoffe, dass man ihr das anmerken wird. Freilich sehe ich jetzt auch erst, wieviel noch nachzuholen wäre, wie viele Lücken und Unklarheiten noch übrigbleiben. Aberes schien mir doch, dass es besser wäre, abzuschließen, da ich vermutlich doch nichtso bald wieder auf längere Zeit nach Sardinien zurückkehren kann.

Es ist merkwürdig, wie Wörter oft verweht werden: Das von Ihnen, Rom. Lehnw. imBerb., S. 554 erwähnte und erklärte berb. >tangult,angul = arab. angul findet sich in Sardinien als cp. angúli, angulla,ist also offenbar irgendwie von Nordafrika aus nach S. gelangt. Sie werden gesehenhaben, dass ich in meiner kleinen sard.-griech. Arbeit, die Sie hoffentlich erhaltenhaben, in ähnlicher Weise das cp. |4|ghiani über die arab. Form zuerklären suche. Der Fall anguli scheint mir eine Bestätigung solcher Beziehungen zusein.

Zu ciecto, apacte etc. weiß ich nichts zusagen. Wenn velare Reibung gemeint wäre, würde wohl die Schreibung mit j näherliegen.

Ist Ihnen A. Malaret, Diccionario de provincialismos de PuertoRico, San Juan de P. R., 1917 bekannt und zugänglich? Ich habemich bisher vergeblich darum bemüht.

Mit nochmaligem Dank für Ihren schönen Brief und Ihre Güte und mitbesten Wünschen für Ihr Wohlergehen, verbleibe ich, sehr verehrter Herr Professor,

Ihr ergebener

M. L.Wagner


1 Es ist anzunehmen, daß HS WagnerR.M. de Azkues Wörterbuch von 1905-1906 ( Diccionariovasco-español-francés. 2 Bde. Bilbao – Paris, Geuthner )empfohlen hat.

2 HS 1914.Die Sprache der Saramakkaneger in Surinam. (Verhandelingen derKoninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam. Afdeeling Letterkunde.Nieuwe Reeks. Deel XIV N°. 6). Amsterdam: Johannes Müller. (Brevier/Archiv Nr.656).

3 Wagner, MaxLeopold. 1921. Das ländliche Leben Sardiniens im Spiegel der Sprache.Kulturhistorisch-sprachliche Untersuchungen. (Wörter und Sachen.Beiheft 4). Heidelberg: Winter.

4 HS 1918. Dieromanischen Lehnwörter im Berberischen. (Kaiserliche Akademie derWissenschaften in Wien, Phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte, 188. Band, 4.Abhandlung). Wien: Hölder.

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