Hugo Schuchardt an Graziadio Isaia Ascoli (139-B76_7)
von Hugo Schuchardt
17. 04. 1897
Deutsch
Schlagwörter: Giacomino, Claudio Garrucci, Raffaele (1864–1865) Schuchardt, Hugo (1897)
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Graziadio Isaia Ascoli (139-B76_7). Gotha, 17. 04. 1897. Hrsg. von Klaus Lichem und Wolfgang Würdinger (2013). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1288, abgerufen am 26. 03. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1288.
Gotha, 17 April 1897 Siebleberstr. 33.
Theurer Freund,
Ich danke Ihnen herzlichst für Ihren Brief und für die letzte Nummer des Archivio, das für mich einen besonders interessanten Inhalt hat. Meine an Giacominos Arbeiten anknüpfenden Untersuchungen habe ich immer und immer wieder unterbrechen müssen; im verflossenen Winter haben mich alte georgische Handschriften (ich habe deren, in Folge einer günstigen Gelegenheit, für nahe an 1000 Frank erworben) ganz in Anspruch genommen. |2| Jetzt hindern mich meine Frühjahrsnerven an irgendwelcher anhaltenden Thätigkeit.
Ich habe mir von Berlin Garruccis Dissertazioni antiche1 kommen lassen. Da findet sich II, 186, 2 = Tavola V folgende Inschrift:
rückläufig
G.2 liest: Valentiniano III et Eutropio Conss. Kal. Octobries die Benerem suam Barvalentini Sapidus in pace bunuror (= bonorum = (ecessit)!) Baraset uxor bibet. Die Lesung scheint, von dem bunuror abgesehen, richtig zu sein. Ob (Bar.) Aset ein Eigenname ist, werden Sie sagen können. Mir kommt es auf |3|das sapidus an, von dem G.2 sagt: "è senza dubbio messo in luogo di Sapiens, che è titolo di dignità fra gli Ebrei, i quali nella ebraica lingua il dicono ....[!], e nella greca .....[!]." Ich möchte Ihre Meinung hierüber wissen. Sie werden schon merken auf welches Ziel ich hierbei hinsteuere; mir wird es immer wahrscheinlicher dass die romanischen Wörter für "weise" auf *sabiu = *sabidu = sapidus zurückgehen.3
Mit herzlichstem Grusse
Ihr getreuer
H. SCHUCHARDT
1 R. Garrucci: Dissertazioni archeologiche di vario argomento, Roma, 1864/65.
2 Garrucci.
3 Schuchardt beschäftigte sich sehr eingehend mit dieser Etymologie, was sich auch in der folgenden Publikation äußerte: Hugo Schuchardt: Romanische Etymologien I, in: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien 138 (1897), 1-82 (Brevier-/Archivnr. 317).
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Biblioteca dell'Accademia Nazionale dei Lincei e Corsiniana www.lincei.it. (Sig. B76_7)