Hugo Schuchardt an Rufino José Cuervo (133-SC384H61)
von Hugo Schuchardt
12. 02. 1894
Deutsch
Schlagwörter: Französisch
Italienisch
Altfranzösisch
Deutsch
Spanisch Valera, Juan Spanien Italien Schuchardt, Hugo (1899)
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Rufino José Cuervo (133-SC384H61). Graz, 12. 02. 1894. Hrsg. von Bernhard Hurch (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11348, abgerufen am 01. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11348.
Graz 12 Februar 1894
Verehrter Freund,
Ich danke Ihnen verbindlichst für Ihre Auskunft. Godoy Alcantara hatte auch ich wegen Pacheco und anderer Dinge zu Rathe gezogen; er ist aber sehr unkritisch.
Gestatten Sie - in Ihrer unübertroffenen Liebenswürdigkeit - einige weitere Belästigungen.
Ich habe die Geschichte des Wortes gamarra, Sprungriemen, franz.martingale (aber eigentlich eine Art Nasengebiss), Nebenform amarra = ital.camarra in deutschen, französischen und italienischen Reitbüchern |2| seit dem 16. Jahrh. verfolgt. Können Sie mir aus älteren spanischen Büchern Belege dafür geben, und zwar solche aus denen die Bedeutung des Wortes klar hervorgeht? Ich denke es ist aus Spanien nach Italien gekommen; wunderbar ist mir nur das g, da ja camus das Etymon bildet. 1
Sind Sie der Bedeutung von bildur bei Berceo ganz sicher?
Auch über nava hätte ich gern Ihre Ansicht gehört. Salvá scheint mir sehr mit Recht zu dem “espacio de tierra muy llana y muy rasa” der Academie hinzugefügt zu haben: cercadas de montañas por todas partes. Das ist doch eben das Wesentliche. Aber allerdings wird nava wohl auch für “llanura” schlechtweg gebraucht.
|3|Mit G. Baist 2bin ich in längerem Briefwechsel wegen podenco gewesen. Ich sehe darin eine Ableitung von südfranz. pauta, altfranz.pǫe = deutsch.Pfote, welches Wort allerdings im Spanischen selbst nicht nachweisbar ist. Auch lautlicherseits liegen Bedenken vor. Der Bedeutung nach würde die Etymologie zulässig sein; denn podenco, das die Wörterbücher sehr mannigfach übersetzen, ist doch wohl eigentlich so viel wie "Dachshund".
Ich habe seit Neujahr noch kaum einen Tag gehabt an dem ich zum Arbeiten wirklich fähig gewesen wäre. Das schöne milde Wetter, das gar nicht in diese Jahreszeit gehört, lastet schwer auf meinen Nerven. Ich bin ganz |4|dumm und schwach; ich habe für das Album der Madrider (zum Besten Santanders) keinen Beitrag liefern können.3 Eben habe ich an Juan Valera einen spanischen Brief geschrieben ; dadurch ist meine ganze Kraft erschöpft, Valera klagt auch: se siente tan viejo, tan achacoso y tan incapaz que para nada vale. - Nun, dafür gibt es Leute deren Arbeitskraft daszehnfache der durchschnittlichen misst. Ihrem zweiten Band sehe ich mit Sehnsucht entgegen.
Mit herzlichstem Grusse
Ihr ganz ergebener
Hugo Schuchardt
1 Erst Schuchardt (1899), Zum Iberischen, Romano-baskischen, Ibero-romanischen, Brevier/HSA 336, wird diesen Gegenstand gamarra wortgeschichtlich aufnehmen.
2 G. Baist, vgl. Briefe HSA 00454-00466; hier insbesondere 09-00462.
3 Es geht um das Unglück in Santander vom November 1893. Schuchardt hatte zur Verwunderung der spanischen Kollegen für die Hinterbliebenen eine größere Geldsumme gespendet.
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Instituto Cary y Cuervo. (Sig. SC384H61)