Hugo Schuchardt an Rufino José Cuervo (132-SC384H60)
von Hugo Schuchardt
09. 01. 1894
Deutsch
Schlagwörter: Baskisch
Kaukasische Sprachen Valera, Juan Rumänien
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Rufino José Cuervo (132-SC384H60). Graz, 09. 01. 1894. Hrsg. von Bernhard Hurch (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11347, abgerufen am 30. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11347.
Graz den 9. Jänner 1894
Verehrter Freund,
Sie beschämen mich immer aufs Neue! Ich kann Ihnen gar nicht sagen was ich für ein böses Gewissen Ihnen gegenüber habe. Das Versäumniss dass ich am ersten Bande Ihres Wunderwerkes begangen hatte, wollte ich am zweiten gut machen; ich setzte mich – das ist nun schon lange her – an den Schreibtisch um eine Anzeige zu verfassen, aber ich brachte es über einige enthusiastische Phrasen nicht hinaus. Es scheint fast dass ich nur insoweit zum Kritiker befähigt bin als ich an den Arbeiten Anderer Ausstellungen oder Zusätze dazu machen kann. Dazu bietet mir aber Ihr Wörterbuch gar keine Handhabe. Ich hoffe immer dass ich einmal bei Gelegenheit meiner syntaktischen Studien irgend einen Abschnitt, z. B. den über die Präposition de herausgreifen und nun so beispielsweise zeigen |2| kann wie ungeheuer viel wir Ihnen verdanken. Vorderhand tummle ich freilich auf sehr abgelegenen Gefilden umher; das Baskische führt mich zum Hamitischen, zu den kaukasischen Sprachen und Gott weiss wohin.
D. Juan Valera1 hat mich im verflossenen Sommer mit seinem Besuche erfreut. Er war in Begleitung seines Sohnes ein paar Tage hier. Welch ein staunenswerthes Gedächtnis er besitzt! Er hat mir lange Stücke italienischer und deutscher Poesie vorgesagt.
Ich war im Herbst in Herkulesbad, an der ungarischen Grenze gegen Rumänien, weil ich Anfänge von Gicht oder chronischem Rheumatismus habe. Seit einigen Wochen gestatten meine Nerven mir, etwas zu arbeiten. Im Frühjahr wird Arbeitskraft und -lust mit dem Schnee dahin schmelzen.
|3|Ich gebe Ihnen diese Nachrichten von mir nur deshalb um solche von Ihnen zu bekommen. Sie lassen ja kein Wörtchen darüber verlauten wie es Ihnen geht.
Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre guten Wünsche und erwidere sie aufs Wärmste; ich drücke Ihnen im Geiste die Hand, in der Hoffnung dass ich es doch einmal noch in der Wirklichkeit thun werde.
Ganz der Ihrige
Hugo Schuchardt
1 Vgl. den Briefwechsel mit Valera HSA 12327-12334.
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Instituto Cary y Cuervo. (Sig. SC384H60)