Hermann Möller an Hugo Schuchardt (07-07410)

von Hermann Möller

an Hugo Schuchardt

Kopenhagen

05. 05. 1913

language Deutsch

Schlagwörter: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung (Kuhns Zeitschrift)language Semitische Sprachen Schuchardt, Hugo (1913) Hestermann, Ferdinand (1913) van Ginneken, Jacques (1913)

Zitiervorschlag: Hermann Möller an Hugo Schuchardt (07-07410). Kopenhagen, 05. 05. 1913. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11197, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11197.


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[BREVKORT – CARTE POSTALE,
KJØBENHAVN, 5.5.13]

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Kopenhagen F, Mathildewej 2
d. 4.5.13.

Hochgeehrter Herr Kollege,

Besten Dank für die freundliche Zusendung Ihrer Besprechung der nubischen Übersetzung der vier Evangelien.1 Wenngleich es nicht auf den ersten Blick hervortritt, erkennt der Sprachforscher doch bald, dass es eine gewaltige Arbeit ist die Sie mit der genauen Durchnahme der Übersetzungen geleistet haben: dieselbe wird für die fortgesetzte hoffentlich mehr wissenschaftliche Herausgebung des nubischen Sprachmaterials von größtem Nutzen sein können. Auch so schon bietet die Anzeige dem Sprachforscher manches von Interesse.

Im 1. Heft des laufenden Jahrgangs des Anthropos interessiert mich, nächst der Anzeige meines Wb.s von Hestermann,2 besonders der Aufsatz von Karl Oštir,3 in dem der (mir bis dahin unbekannte) Verf. zu zeigen sucht, dass die gemein-idg.-semitischen Laryngale (wie es scheint außer dem Spir. lenis ʼ) zunächst zu indogermanischem nicht emphatischem x- und emphatischem x-Laut geworden seien. Ich kann, neben verschiedenem andern, namentlich seine Erklärung der idg. Dehnstufe aus einem Laryngalinfix nicht acceptieren: ich meine nach wie vor (wie KZ.4 42, 188ff., Vgl. idg.-semit. Wb. p. XIII unter 10 kurz dargelegt), dass die idg. Dehnstufe der semitischen Dehnstufe (semit. lā = idg. , und dass zwei Formen der Dehnstufe der dreikonsonantigen Wurzeln semit. kátil-5 und hicál-6) genau entspricht und gleich dieser aus einem besonderen voridg.-sem. Accent hervorgegangen sein muss. Die Fortsetzung von Oštir (und der Artikel von Hestermann, J. van Ginneken u. a.)7 in Heft 2 liegt mir noch nicht vor.

Mir vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster
H. Möller


1 Schuchardt, „[Rez. von:] Enjil Yesu komisbuldi teran hiran Mata - hiran Markus - Luka gadisebul - hiran Hana bajsin nawite“, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 27, 1913, 97-118.

2 Anthropos 8, 1913, 280 (Hestermann bezeichnet Möllers Wörterbuch als „grundlegend“ bzw. als „epochale Leistung“).

3 Karl Oštir, „Zum Verhältnis des Indogermanischen x-Lautes zu den semitischen Kehlkopf-Lauten. Ein Beitrag zur indogermanisch-semitischen Sprachwissenschaft“, Anthropos 8, 1913, 165-180.

4 Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, begründet von A. Kuhn. Göttingen (= ZK).

5 In der Vorlage Punkt unter k.

6 In der Vorlage Acutus über dem langen a.

7 Jacques van Ginneken, „Les classes nominales des langues bantoues“, Anthropos 8, 1913, 151-164.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 07410)