Zsigmond Simonyi an Hugo Schuchardt (111-10675)

von Zsigmond Simonyi

an Hugo Schuchardt

Gödöllő

28. 06. 1917

language Deutsch

Schlagwörter: Magyar Nyelvör Zeitschrift für romanische Philologielanguage Finnisch-ugrische Sprachenlanguage Mordwinischlanguage Hebräischlanguage Italienischlanguage Spanischlanguage Ungarisch Schuchardt, Hugo (1911)

Zitiervorschlag: Zsigmond Simonyi an Hugo Schuchardt (111-10675). Gödöllő, 28. 06. 1917. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11028, abgerufen am 25. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11028.


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MAGYAR NYELVŐR
BUDAPEST IV., FERENC JÓZSEF PART 27.
Gödöllö 28. Juni 1917.

Verehrter Herr Hofrat!

Ich bitte tausendmal um Vergebung für die Fehler, die im Nyelvőr stehen geblieben; ich werde sie bei nächster Gelegenheit berichtigen.

Herr Hofrat haben unlängst bemerkt, Sie hätten immer noch keine völlige Klarheit über das ursprüngliche Verhältnis von mondok zu mondom gewonnen. Mondok ist jedenfalls eine uralte echte Verbalform, während mondom später entstanden ist (aber noch vor völliger Trennung der finnisch-ugrischen Sprachen, da gleichwertige Formen sowohl im Wog.1 und Ostjakischen, als auch im Mordwinischen vorhanden sind). Diese Objektivformen waren eigentlich nominale Ausdrücke mit der Bedeutung „mein Sagen“, als „dies ist mein Sagen“ = das sage ich. Die Endungen sind nämlich – wie es sich unlängst besonders deutlich fürs Ostjakische herausgestellt |2| hat – mit den Possessivendungen (csontom -) identisch. Es ist dies, beiläufig gesagt, eine merkwürdige Übereinstimmung mit dem Hebräischen, wo die objektiven Verbalformen durchgängig mit den Besitzendungen gebildet werden. –

Mit grossem Interesse habe ich soeben in der Z. für rom. Phil. einen kleinen Aufsatz gelesen (38: 676),2 laut welchem die Sippe von rom.*cofia wegen des sk in it.scuffia, sp.escofia echt germanisch sein soll. Ich habe unlängst über diese selbe Wortgruppe geschrieben (+ ung.szkófium) und habe die s-Formen aus einer Kreuzung mit pers.-türk. üsküf (1.Goldfaden, 2. mit Gold durchwirkte Kopfbedeckung) erklärt..3 Dürfte ich Sie bitten, Herr Hofrat, die beiden Aufsätze mit einander zu vergleichen und dann den Schiedsrichter zu machen? Allerdings habe ich über zu wenig Hilfsmittel verfügt, um die Geschichte der betr. romanischen Ausdrücke kontrollieren zu können.

* Nyv 43. Jg., S. 229

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Wir haben diesmal schweren Herzens der Wiederholung unseres vorjährigen Sommerprogramms entsagen müssen, schon wegen der gesteigerten Reiseschwierigkeiten, besonders für meine Frau, die jetzt immer leidend ist. Ausserdem haben wir immer gelesen, die Sommerfrischen seien ungenügend mit Lebensmitteln versorgt. So haben wir uns entschlossen, uns hier in der Nähe unserer Hauptstadt niederzulassen, wo wir aber ebenfalls mit nicht geringen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Ihnen, Herr Hofrat, geht es hoffentlich sehr gut, das glänzende Sommerwetter ist ja wie geschaffen für Sie.

Mit unser Aller besten Wünschen und ergebensten Grüssen bin ich

Ihr getreuer

S. Simonyi.


1 Wogulisch, wogulisch oder Mansisch, mansisch, im Nordwesten Sibieriens gesprochene finno-ugrische Sprache.

2 Josef Brüch, „Zu Meyer-Lübkes etymologischem Wörterbuch“, ZrPh 38, 1917, 676-702.

3 Simonyi, „Egy georgiai eposz magyarul“, Magyar Nyelvőr 46, 1917, 227-229 [=Ein georgisches Epos auf Ungarisch].

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 10675)