Hugo Schuchardt an Zsigmond Simonyi (91-HSZS21)
von Hugo Schuchardt
08. 06. 1916
Deutsch
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Zsigmond Simonyi (91-HSZS21). Graz, 08. 06. 1916. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11008, abgerufen am 20. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11008.
L. Fr.
Besten Dank, auch dem Frl. Sektionschef1 für Schauerliches! Ich habe gleich gestern Abend im Bett Bekanntschaft mit den Herren Jekyll und Hyde gemacht.2 Freilich kann es einem nur in der Muttersprache gruselig werden; sonst hüpfen zwischen dem lesenden Auge und der erwünschten Gänsehaut zu viele linguistische Kobolde hin und her – um nicht von Unwissenheiten zu reden. So wußte ich z. B. – zwar daß Whist auf Madj. esitt lautet aber nicht daß Damon und Phintias: Damon és Pythius* [* ich revoziere; auch Andere haben Pythias geschrieben] (der Geograph Pytheas, die Pythia?). Oder meine Einbildungskraft versagt gänzlich wenn ich lese: úgg állt … mint a uyugtalanság élö szobra. Immerin wird der Roman, wie ich hoffe, auf meinen intermittierenden Herzschlag homöopathisch einwirken. – Was ich Ihnen zu sagen wünsche, hat keine „aktuelle“ Bedeutung und kann aufgeschoben werden. Ich werde mich aber immer freuen Sie zu sehen; jetzt|2| allerdings bin ich im Nadir3 meines Befindens; wenn nur endlich Zeus seine ewigen Wolkenschiebereien unterließe und ein wenig Ruhe gäbe!
Der ganzen Familie meine herzlichen Pfingst- und sonstigen Grüße und Wünsche!
Ihr
H. Schuchardt
2 Möglicherweise hatte Simonyis Tochter Anna Schuchardt eine ungarische Übersetzung von Robert Louis Stevensons Doppelgänger-Novelle Strange case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde zukommen lassen; vgl. HSA 10661.
3 Fußpunkt gegenüber dem Zenit.
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. (Sig. HSZS21)