Gerhard Bähr an Hugo Schuchardt (6-406)

von Gerhard Bähr

an Hugo Schuchardt

Göttingen

26. 05. 1922

language Deutsch

Schlagwörter: Euskaltzaindia - Real Academia de la Lengua Vasca - Académie de la Langue Basquelanguage Baskischlanguage Spanischlanguage Deutsch Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Soroa y Lasa, Marcelino Schuchardt, Hugo (1893)

Zitiervorschlag: Gerhard Bähr an Hugo Schuchardt (6-406). Göttingen, 26. 05. 1922. Hrsg. von Oroitz Jauregi Nazabal (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.11, abgerufen am 02. 04. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.11.

Printedition: Jauregi Nazabal, Oroitz (2005): Correspondencia de Gerhard Bähr con R. M. Azkue, H. Schuchardt y J. Urquijo (1920-1944). Donostia-San Sebastián: Gipuzkoako Foru Aldundia-Diputación Foral de Gipuzkoa.


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Göttingen, d. 25.IV.22
Emilienstrasse 6

Sehr geehrter Herr Professor!

Ihre Karte, die ich gestern erhielt, war für mich eine grosse Freude und Überraschung, für die ich Ihnen herzlich danke. Ich hatte auch gerade vor, Ihnen in diesen Tagen in einer anderen Angelegenheit zu schreiben und zwar möchte ich Sie um Erlaubnis bitten, Ihre Baskische Studien I ins Spanische übersetzen zu dürfen. Die “ Euskaltzaindia” hatte mich nämlich gebeten, die Übersetzung vorzunehmen, da nur sehr wenige ihrer Mitglieder Deutsch verstehen|2| und sie andererseits den Wunsch hegen, dieses grundlegende Werk kennen zu lernen. Die Übersetzung sollte vorläufig nicht gedruckt werden, sondern nur handschriftlich den Mitgliedern der Akademie zu Verfügung stehen, worauf ich mich bereit erklärt habe, sie zu übernehmen, vorbehaltlich Ihrer Erlaubnis. Leider beherrsche ich das Spanische nicht so vollständig, um eine mustergültige Übersetzung liefern zu können (besonders weil Ihr Stil oft schwer zu übertragen ist), aber da sie aus dem kleinen Kreise nicht heraustritt, hatte ich mich bereit erklärt, zumal weiter keiner in Frage zu kommen scheint. Ich bedaure sehr, dass Sie nicht auch Ihre übrigen Theorien und Bemerkungen (die Sie anfangs andeuten) herausgegeben haben, oder dürfen wir in dieser Hinsicht noch etwas von Ihnen erwarten? Die Bas|3|kischen Studien I habe ich mir erst vor einigen Wochen aus Marburg besorgen können, da das Berliner Exemplar (vermutlich an Herrn Prof. Urtel) dauernd verlie[h]en war. Erst jetzt beim zweimaligen Durcharbeiten glaube ich alles zu verstehen. Ich stehe eben Seite 61 bei Ziel- und Bezugsformen im guipuzkoanischen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dikiat, dikik erfunden sind (vielleicht von Lardizabal und von Bonaparte übernommen?) da ich sie nirgends habe nachweisen können, vielmehr scheinen überall in Guipúzcoa Ziel- und Bezugsform zusammen zu fallen diat und so schreibt auch Azkue immer. Bei plural Subjekt werden beide auseinandergehalten zetik, zituk, datuk, ddatuk, dituk ── dizkik, (letztere als Bezugsform auch in Elgoibar, wie nach Ihrer Angabe bei Marcelino Soróa Lasa). Doch will ich lieber noch bei Azkue anfragen, der gewiss die grösste Erfahrung hat.

|4|Hier hat sich Herr Prof. Hermann (vergl. Sprachwissenschaftler) für das Baskische interessiert, ist aber noch nicht zu eingehenderem Studium gelangt. Ich stellte ihm neulich einen Basken vor aus meinem Heimatsorte, der mich auf der Durchreise nach Berlin, wo er Medizin studieren will, besuchte. Die baskische Akademie hat Herrn Prof. Hermann, um die Studien möglich zu machen, 2 Exemplare von Azkues Wörterbuch geschenkt. Die Akademie hat jetzt wegen der Einführung einer Schriftsprache (wofür manche den Zeitpunkt für ungeeignet halten!) einen harten Strauss zu bestehen, besonders mit bizkaischen “Gelehrten”, die ihren Dialekt als den ältesten, reinsten und logischsten aufdrängen wollen. Indem ich Ihre Antwort und der Abhandlung mit Spannung entgegensehe verbleibe ich mit den besten Grüssen und Wünschen für Ihr Wohlergehen.

Ihr sehr ergebener
G.Bähr

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 406)