Zsigmond Simonyi an Hugo Schuchardt (13-10606)
von Zsigmond Simonyi
an Hugo Schuchardt
26. 11. 1895
Deutsch
Schlagwörter: Magyar Tudományos Akadémia (Budapest) Schuchardt, Hugo (1895) Simonyi, Zsigmond (1881) Simonyi, Zsigmond (1888) Simonyi, Zsigmond (1890)
Zitiervorschlag: Zsigmond Simonyi an Hugo Schuchardt (13-10606). Budapest, 26. 11. 1895. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10928, abgerufen am 26. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10928.
MAGYAR
TUDOMÁNYOS
AKADÉMIA
Bpest, 26. November 1895
Verehrter Herr Kollege!
Die Anerkennung, die Ihr an H. Szily gerichteter Brief1 meiner Grammatik spendet, und die Anzeige, die Sie im LC. veröffentlichen wollen,2 schmeichelt nicht nur meiner Eitelkeit, sondern kann auch eventuell den Ausschlag geben in einer Frage, die für mich von grosser praktischer Bedeutung ist, und von der Sie kaum eine Ahnung haben werden.
Ich weiss nicht, ob Sie von unsern Semseyschen Millennarpreisen Kunde haben;3 ich schicke Ihnen heute eine gedruckte Ankündigung darüber. Der Termin ist Ende Sept. abgelaufen und hat nur drei Preisarbeiten gebracht, darunter keine ung. Grammatik. |2| Nun macht man einen neuen Versuch und fordert für Ende Dec. Probearbeiten, um sich zu orientieren, welche Preisausschreiben mit Aussicht auf Erfolg wiederholt werden sollen. Eventuell werden dann auch einzelne Aufträge gegeben. Nun sollte man meinen, dass ich der natürlichste Kandidat für die ung. Gramm. wäre, um so mehr, als ja nun auch der erste Teil im Drucke vorliegt. Darauf kann ich aber durchaus nicht zuversichtlich rechnen, denn in einem Teile der massgebenden Kreise wird das Gerechtigkeitsgefühl durch kleinliche Eifersucht und Engherzigkeit weit überwogen. Nun wird aber bei uns ein sehr grosses Gewicht auf auswärtige Urteile gelegt, und besonders natürlich auf ein so anerkannt kompetentes, wie das Ihrige. Daraus können Sie ersehen, wie wichtig für mich Ihre Anzeigen werden können.
|3|Die Semsey’sche Preisangelegenheit ist für mich von einer grossen Bedeutung. Ich bin nämlich trotz meiner Arbeitsamkeit und trotz meiner zehnjährigen Professur ein vermögenloser armer Teufel. Ich war ein armer Junge und habe dann mit dem Mädchen, das ich geheiratet, keine Mitgift gesucht. Meine leidenschaftlich rastlose Thätigkeit hat meine Gesundheit untergraben, und nun, nachdem ich neun wissenschaftliche Preise errungen – aber lauter kleine – hat mich meine Arbeitskraft eben da im Stich gelassen, wo der Preis ein begehrenswerter war.
Meine Formenlehre wollt‘ ich ursprünglich nicht besonders herausgeben, sondern in umgearbeiteter Gestalt in die Semsey’sche Preisgrammatik verarbeiten. Ich kränkelte aber eben in den letzten beiden Jahren, wo ich meine reichlichen Sammlungen aufarbeiten hätte sollen. Auch hielt mich – ich muss es schon be- |4| kennen, ein gewisses Selbstgefühl zurück, da ich das viele Wettrennen schon satt hatte und es einmal auf die Probe ankommen lassen wollte, ob man mich doch aufsucht, wenn man meiner bedarf.
Es ist vielleicht überflüssig zu bemerken, dass, im Fall‘ ich mit der Arbeit betraut werde, noch drei Bände folgen werden, deren zwei die Bedeutungsgeschichte und die historische Syntax behandeln, der dritte aber (d. h. der vierte) die Gramm. der heutigen Schriftsprache mit bes. Rücksicht auf die Sprachrichtigkeit. 4
Vielleicht missfällt Ihnen die grosse Vertraulichkeit, mit der ich Ihnen all diese Sachen darlegte: ich finde mein Vertrauen gerechtfertigt durch das wohlwollende Interesse, das Sie meinen Arbeiten gegenüber immer bewiesen haben.
Ich bitte mir Ihre Geneigtheit auch weiterhin zu bewahren und verbleibe
in aufrichtiger Verehrung
Ihr dankbarer
S. Simonyi.
1 HSA 11498
2 Schuchardt, „[Rez. von:] Simonyi, Zsigmond. Tüzetes magyar nyelvtan történelmi alapon. Ausführliche magyarische Grammatik auf geschichtlicher Grundlage. Unter Mitwirkung von J. Balassa. 1. Bd. Magyarische Lautlehre und Formenlehre“, Literarisches Zentralblatt für Deutschland 46, 1895,1840-1842.
3 Andor Semsey (1833-1923), ungar. Mineraloge, Gutsbesitzer und Mäzen, seit 1890 Mitgl. des Direktoriums der Ungarischen Akad. d. Wiss. – Über den hier ausgeschriebenen Preis konnten keine Informationen gefunden werden.
4 Die wichtigsten Werke Simonyis sind: A magyar kotöszók, 3 Bde. 1881-83 [=Die ungarischen Konjunktionen]; A magyar határozók, 2 Bde, 1888-95 [=Die ungarischen Determinative]; A magyar nyelvtörténeti szótár, 3 Bde, 1890-93 [=Historisches Wörterbuch der ungarischen Sprache].