Giuseppe Vidossich an Hugo Schuchardt (11-12411)

von Giuseppe Vidossich

an Hugo Schuchardt

Pula

06. 05. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: language Italienisch Schuchardt, Hugo (1903)

Zitiervorschlag: Giuseppe Vidossich an Hugo Schuchardt (11-12411). Pula, 06. 05. 1911. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10781, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10781.


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Pola, 6/5 1911 1

Sehr geschätzter Herr Hofrat

Ich glaube, Sie haben Ihren Netzfragebogen schon längst vergessen.2 Ich habe so lange gezögert, da ich immer wieder versucht habe, alle gewünschten Daten zu erhalten. Leider gehen mir noch3 die istrian. Ausdrücke für die tratta und die übrigen Netze dieser Art ab. Ich behalte aber den Fragebogen und hoffe später das Gewünschte zu erreichen. Sie werden die Verzögerung entschuldigen. Meine Gewährsmänner sind Fasaneser4 Fischer |2| aus der einheimischen Familie Scabozzi.5 Wenn Ihnen was nicht klar wäre, stehe ich gern zu Diensten.

Mit ausgezeichnetem Gruße

Ihr ergebenster

GVidossich

P.S. Ich würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie mir die jetzige Adresse Prof. Ives mitteilen könnten. Den Fragebogen behalte ich zur Fortsetzung.

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[Skizze eines mit einer Stange verbundenen Netzes]

AA Obersimm6: la lima da suro7 (Untersimm la lima da piombo); doch führen die Korken nicht den Namen suri, sondern kórteze (sing. kórteza)

aa: die einzelnen Teile oder Segmente führen keinen besonderen Namen, doch sagt man bei der Arbeit, wenn man die Korke setzt, metemo un pien o due (oder do) zvodi ( pien wo der Kork ist)

BB Aufreihschnur: armadóri (armadura ist CC), der einzelne Teil armadór; für die Öffnungen zwischen Oberleine und Aufreihschnur

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Netznamen

La fira (arte per le menole)

passarele (per i ṣfoi)

meláide (nicht gebräuchlich in Fasano)

poste de sardele

“ de bobe

“ de suri

Agoneri

tramegade (de fondo)

trata da anguzei (da velo)

squineri (per i granṣi)

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naṣe da ástisi

naṣe da peṣi ǀ vólega pasča

==

el zerér

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siehe was für aa gesagt wird

cc bilden den alṣo (el alṣo): das ist das ganze stärkere Streifen; die Maschen am armador sind die mače grosse (più grande del mače dela rede per poder armarla): wir haben hier also immer die fest abgegrenzte Einfassung. In vertikaler Richtung wurde früher der lignón gebraucht, ein Faden der sich durch die Maschen von oben nach unten am Rande zog (impirado fra le mače del primo armador da suro a quelo da piombo); jetzt gebraucht man alṣo auch in vertikaler Richtung.

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Das Netz heisst hier posta; das Netztuch napa (rede senza armadura)

rígano righeno ist nicht der Oberstimm selbst, sondern die Leine, woraus derselbe verfertigt wird; líṣina no se usa più, iera una corda de paia larga come taiadura de legna, quasi come i rissi co se spiana. Statt der líṣina gebraucht man jetzt maníglia* (*per i segnali [mazo]), eine dicke Leine, auch als Simm bei den größeren Netzen; libán ist una manilia grossa.

Die mače unterscheidet man in verte und strente. Für den Doppelsimm gibt es keine eigene Bezeichnung; die unmit- |7| telbare Anreihung des Netzes an den Obersimm ist nicht gebräuchlich. Saldún sardín ist in Fasana nicht bekannt.

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[Skizze] Für den Faden der zwei gleich- oder verschiedenartigen Netze verbindet, gibt es keinen Namen. Das Ausbessern der Netze nennt man konsar; se se fa mača nessun nome; wenn aber, zumal im Notfalle, zwei Netze verbunden werden, sagt man far un kuziriṣo.

Die Tauben haben keinen eigenen Namen.

[Skizze] gropo (Cherso: gropo mariner)

“ de “

[Skizze] = due inpáli

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Ähnlich ist die čave [Skizze]

Muster liegt bei

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Die einzelnen Netzteile führen keinen Namen; die mača ist die Masche; man sagt: da un gropo all’altro nodo;

in bodél heißt das von der Fabrik kommende noch nicht ausgespannte Netz

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intojár heißt überhaupt ligar (corde)

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Das dreiwandige Netz heißt

pl. trameḡade (hartes g) 3 m

tremeḡade

oder kleiner

gombína 1 m

die mittlere Wand heißt la napa

die Außenwände i trémizi

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Die tratte und cocchie sind im allgemeinen nicht gebräuchlich (čozoti); wohl aber die trata da anguzzéi.

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la trata da fondo (nur z. T. bekannt)

[Skizze] (Netz in Form eines nach oben gerichteten Vogelkopfes) sako [neben der Zeichnung]

kulaṣo, dahinter: la boka [im Schnabel]; i kavi / el baston / le alṣane [linker Ast, Ende]

i kavi: die Verbindungsstricke, die mittels des baston senkrecht gehalten werden; am bastón sind die Zugstricke alṣane gebunden.

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trata da anguzéi

[Skizze]

Das Netz bleibt aufrecht und hoch (a velo) und geht in den Sack über, der 2/3 der Netzhöhe fasst und dessen Öffnung viereckig ist.

a alṣana

b, b kavi

c-c baston

I traversa: der erste Netzteil, grossa e drita

1, 2, 3 etc prima, seconda, terza ecc. andana (va kreṣcado, forma za sako)

d kulaṣo (più fisso)

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e-e kuzidura del andana

e-e1 (e1-e2) da una kuzidura al altra

Wenn das Netz nicht gut aufrecht bleibt, weil der obere oder untere Teil nicht die entsprechende Länge hat, so wird ein Teil verkürzt, indem man die lima zu einem Knoten bindet, und zwar so ------0-------

Verbindungsfaden

das heißt man margarita

bei diesem Netz heißt das alṣo órdene

*

Jede andere hat 5-6 passi

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el ludro

ist ein corda Strick mit segnal der breit ausgelegt wird (sparlongar la corda in fondo; 50 passi);

[Skizze]

dann wird er gegen die Küste geschlossen; die Boote gehen inzwischen sčipando (wohl stipare) e sfračando (batendo col alṣana e col remo) e tirando sassi: endlich werden die Netze ausgeworfen.

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[Skizze] el parangál.

Mazo ------ manilia ----- parangál

brágola

amo

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la naṣa

Die kleinen Stäbe die in den kapel gesteckt werden heißen perlete

[Skizze] el kapél (dove el peṣe va dentro)

pikareṣa: spago per fermar el peṣe

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el siel

rund [Skizze] corda

i venti

serčo

napa col

sako

viereckig [Skizze] vom Boote

von der Küste


1 Wegen der zahlreichen, von Vidossi erstellten Skizzen im zweiten Teil des Briefs sollte bei der Lektüre des Briefs unbedingt das Original konsultiert werden!

2 Schuchardt hatte seine „Netz-Enquête“ breit angelegt, wie die Briefe und Karten von Gaetano Delogu, Antonio Irace, Antonio Ive, Giovanni de Giacomo, Antonio Valle u.a. belegen, die bis zum Jahr 1901 zurückreichen. Die umfassende Arbeit zum Thema ist jedoch nicht erschienen. Vgl. aber seinen grundlegenden Beitrag „Zur internationalen Fischerei-Ausstellung in Wien (6. bis 21. September 1902)'“, Beilage zur Allgemeinen Zeitung (Augsburg, München) (8. Jänner 1903) 1903, 33-36; 44-46.

3 Ein hier im Text folgendes erneutes „mir“ wird in der Wiedergabe fortgelassen.

4 Fažana oder Fasana ist ein Fischerort an der Westküste Istriens.

5 Vgl. „Die Zeit unter Italien“ . Hier werden mehrere Mitglieder der Familie erwähnt.

6 Bezeichnung für den oberen Rand des Netzes, der mit Schwimmern bestückt wird; der untere Rand ist der „Untersimm“.

7 It.sughero (Kork).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12411)