Hugo Schuchardt an Lajos Katona (324-05067_402)
von Hugo Schuchardt
an Lajos Katona
20. 05. 1902
Deutsch
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Lajos Katona (324-05067_402). Graz, 20. 05. 1902. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10511, abgerufen am 04. 10. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10511.
Graz 20 Mai 1902
Lieber Freund,
Mit Pettau1 ist es wegen des schlechten Wetters überhaupt Nichts geworden. Übrigens war auch ich nicht ganz wohl – es ist das ein schöner Monat, der Mai, an Stelle der h. Jungfrau hätte ich mir einen andern ausgesucht.
Dass ein Lehrstuhl für vgl. Ltgesch. Ihnen besser passt (objektiv und subjektiv genommen), das sehe ich ja ein. Aber dass das Zimmern desselben ein paar Jahre dauern soll, das gefällt mir nicht. |2| Von dem Fell das uns die Ungarn über die Ohren ziehen, würde ich sehr gerne zu diesem Zweck ein Stück verwendet wissen; es ist ja doch bloss eine Geldfrage?
Für Anfang Juli habe ich vorderhand keine Reisepläne; aber wenns auch plötzlich über mich kommen sollte, aller Wahrscheinlichkeit zuwider, so würde ich doch später hoffen dürfen Sie in der grünen Steiermark zu sehen. Ich könnte Ihnen übrigens schon jetzt bei der Ausfindigmachung eines geeigneten Platzes behülflich sein (ich vermuthe Sie werden eine Bahnstation vorziehen?
Sehen Sie zuweilen Alexics?2 Ich fürchte, er hat mir etwas übelgenommen. Dass ich ein paar Briefe |3| die er mir vor Jahr und Tag zukommen ließ (Auskunft von Rumänen über Netzbenennungen) noch nicht zurück gestellt habe, das kann es nicht sein. Ich habe das allerdings verbummelt, aber das hing wieder damit zusammen dass er auf mehrere Zusendungen von mir gar nicht reagirte. Er scheint damals schon gegen mich verstimmt gewesen zu sein. Vielleicht hat er meine Bemerkung Rom. Etym. II, 216: „Durch G. Alexics werden mir noch weitere rumänische Benennungen für ,Trampe‘ übermittelt“ allzu trocken gefunden. Es thäte mir leid; denn er und seine Frau3 sind sehr liebenswürdig gegen mich gewesen. Ich werde ihm nun nächstens schreiben und die Briefe (die für ihn selbst kein besonderes Interesse haben können) zurückstellen; wenn Sie aber inzwischen mit Ihrer feinen Nase irgend etwas in Bezug auf mein Verhältnis zu A. wittern sollten, so theilen Sie mir es wohl mit.
Mit dem Heft des Tájszótár4 hat es Zeit – ich danke Ihnen vorderhand vielmals – dass es nur möglichst diskret geschieht!
|4| Und endlich noch eine Bitte. Ich nenne Sie „Freund“ – Freundschaft ist doch etwas Gegenseitiges – warum nennen Sie mich nicht auch „Freund“? Es wäre mir dann auch die Unannehmlichkeit erspart, als „Sehr geehrter Herr Professor i. R.“ angeredet zu werden.
Mich der Béke5 – i. e. Iréneség bestens empfehlend
Ihr getreuer
HSchuchardt
1 Heute Ptuj, die älteste Stadtgemeinde in Slowenien und die älteste Stadt des ehemaligen Herzogtums Steiermark; vgl. Ms 5067/401 (15.5.1902).
2 György Alexics (1864-1836), ungar. Sprachwissenschaftler; vgl. HSA 00031-00046.
3 Jolanthe von Alexics (keine Daten); vgl. HSA 00047.
4 Magyar Tájszótár, Budapest: Hornyánszky, 1893-1901 (Akademiewörterbuch).
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung von: Bibliothek und Informationszentrum der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Abteilung für Handschriften und Alte Bücher. (Sig. 05067_402)