Hugo Schuchardt an Lajos Katona (299-05067_387)
von Hugo Schuchardt
an Lajos Katona
13. 12. 1900
Deutsch
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Lajos Katona (299-05067_387). Graz, 13. 12. 1900. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10486, abgerufen am 14. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10486.
[GRAZ 13.12.00]
L. Fr.!
Eben erhalte ich den Almanach der Ung. Ak. d. W. und finde auf S. 89-91 eine so merkwürdige Vertheilung der Prädikate dass ich meine dadurch erregten Gefühle irgendwie ausströmen muss. In der Richtung auf Sie geschieht es weil ich denke dass so auf langem Umweg die Erkenntnis der Besserungsnothwendigkeit bis zu jener liebenswürdigen Persönlichkeit durchsickern wird, die ich durch direkte Kritik nicht kränken möchte. Von den Universitätsprofessoren erscheinen Brugmann1 und Hatzidakis2 durch volle Angabe des Nöthigen ausgezeichnet: a) und d); bei Teza3a) und b) (und d ist falsch angegeben); bei Naville4 a) b) d); die andern sind alle bloss egyetemi tanár.5 Und wieder ist die Unterscheidung zwischen gewesenen und noch wirkenden Professoren aufgehoben. Ujfalvy ist tanár und Ascoli ebenso. Dass Misteli6 seit langem geisteskrank (paralytisch?)7 ist und nicht mehr im Baseler Professorenverzeichnis geführt wird, scheint man nicht zu wissen. Winkler H.8 ist nicht egyetemi tanár. Andere die es sind wie Boissier,9 werden mit einem anderen, gleichsam der Haupttitel angeführt – warum nicht Karabacek10 dann als Direktor der Hofbibliothek). Barbier de Meynard11 wiederum erscheint mit drei Titeln. Und noch Anderes. – Sie werden es vielleicht wunderlich finden dass mir an dem volt12 so viel liegt. Das kommt daher dass ich immer der Vorstellung von der Unzertrennlichkeit der Professur und der wissenschaftlichen Productivität widerstrebt habe, und dass diese Vorstellung, gerade gelegentlich meiner Pensionierung sich mir in unangenehmer Weise (obwohl im Grunde vielleicht eher in schmeichelhafter als in verletztender) entgegengedrängt hat. Sie sind selbst Professor; aber was nun alles als Professoren auf der Welt herumläuft, von denen der Magie, der Gymnastik, der Kalligraphie u.s.w. angefangen, das kann uns auf diesen Titel doch nicht besonders stolz sein lassen. Eine meiner Entladungen, die keine Antwort nöthig oder auch nur erwünscht macht.
Herzlichst Ihr
HSch.
1 Karl Friedrich Brugmann (1849-1919), deutscher Indogermanist und Sprachwissenschaftler; vgl. HSA 01211-01416.
2 Georgios Nikolaos Hatzidakis / Chatzidakis (1848-1921), griech. Sprachwissenschaftler und Neogräzist; vgl. HSA 01615.
3 Emilio Teza (1831-1912), ital. Philologe und Literaturhistoriker; vgl. HSA 11609-11642.
4 Henri Édouard Naville (1844-1926), Schweizer Ägyptologe.
5 „Universitätslehrer“.
6 Franz Misteli (1841-1903), Schweizer Klass. Philologe und Sprachwissenschaftler; vgl. HSA 07392-07393.
7 Er hatte einen schweren Schlaganfall erlitten.
8 Heinrich Winkler (1848-1930), deutscher Finnougrist und Sprachwissenschaftler; vgl. HSA 12837-12857.
9 Gaston Boissier (1823-1908), franz. Althistoriker und Klass. Philologe.
10 Josef von Karabacek (1845-1918), österr. Orientalist und Bibliothekar; vgl. HSA 05270-05292.
11 Charles Barbier de Meynard (1826-1908), franz. Orientalist und Islamforscher.
12 „ehemalig“.
Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung von: Bibliothek und Informationszentrum der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Abteilung für Handschriften und Alte Bücher. (Sig. 05067_387)