Hugo Schuchardt an Lajos Katona (108-05067_262)

von Hugo Schuchardt

an Lajos Katona

Graz

30. 06. 1889

language Deutsch

Schlagwörter: Magyar Nyelvör Schuchardt, Hugo (1889)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Lajos Katona (108-05067_262). Graz, 30. 06. 1889. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10295, abgerufen am 10. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10295.


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[GRAZ-STADT 30-6-89]

L. Fr.

Ich danke Ihnen bestens für Ihre beiden Druckschriften;1 wie fleissig Sie gewesen sind! Die über die Volksmärchen habe ich in Uebung und Belehrung schon gelesen; sie hat den Wunsch in mir gesteigert, aus Ihrer Feder bald einen Folklore-Katechismus hervorgehen zu sehen. Übrigens ist mir bei dieser Gelegenheit eingefallen, wie doch bei den einzelnen Völkern die Anfänge der Folkloristik sich ganz verschiedenartig ausnehmen; bei den Deutschen wirkt einerseits das Allerweltsinteresse aus dem 18 Jhrh. nach, anderseits mussten die – unter napoleonischem Drucke – patriotisch erwärmten Sprachstudien dazu führen – der Engländer zeigt sich auch hier vor Allem als Kuriositätensammler u.s.w. Nur in Spanien stehen die folkloristischen Studien eingermassen in Widerspruch mit der allgemeinen intellektuellen Richtung; man ist unbewusst conservativ (wie die Caballero2 und Trueba3) oder bewusst modern, es ist nur die ganz staunenswerte Energie einiger Weniger die die immerhin ansehnlichen Erfolge erzielt hat. – An Szarvas4 schickte ich mein Romano-magyar. schon vor 8 Tagen; er hat noch keine Entscheidung getroffen – er ist leidend. Er wird schwerlich jemanden finden, der die mühselige Uebersetzung meiner geflickten Arbeit übernimmt.5

Herzlichst Ihr
H Sch.


1 Katona, „ Zur Litteratur und Charakteristik der magyarischen Folklore “, Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte und Renaissance-Litteratur N. F. 1, 1887/88, 14-45; „ Allgemeine Charakteristik der magarischen Folklore “, Ethnologische Mitteilungen aus Ungarn 1, 1887-1889, 7-12, 125-130, 25-264 oder möglicherweise „ A népmesékröl “ [= Über die ungar. Volksmärchen], Pécs 1889.

2 Fernán Caballero, i. e. Cecilia Francesca Josefa Böhl de Faber y Larrea (1796-1877), Verf.in von Cuentos y poesías andaluzas , 1859 u. a.

3 Antonio de Trueba (eigentl. Antonio Maria de Trueba de la Quintana; 1819-1889), span. Schriftsteller, Verf. u. a. von Cuentos de vivos y muertos .

4 Gabor Szarvas (1832-1895), ungar. Sprachwissenschaftler; Gründer des Magyar Nyelvör; vgl. HSA 11478-11488.

5 Schuchardt, „A magyar nyelv román elemeihez“, Magyàr Nyelvőr 18, 385-396, 433-442 [= Romanische Elemente im Ungarischen]. (Der Übers. ist Katona).

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung von: Bibliothek und Informationszentrum der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Abteilung für Handschriften und Alte Bücher. (Sig. 05067_262)