Lajos Katona an Hugo Schuchardt (96-05366)

von Lajos Katona

an Hugo Schuchardt

Fünfkirchen

06. 05. 1889

language Deutsch

Zitiervorschlag: Lajos Katona an Hugo Schuchardt (96-05366). Fünfkirchen, 06. 05. 1889. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2023). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10283, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10283.


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Fünfkirchen, 6/V 89

Hochgeehrter Herr Professor!

Anbei Original und Übersetzung Ihrer Dankadresse an die U. A. d. W.1 Ich war bestrebt womöglich wortgetreu zu übersetzen; trotzdem war ich gezwungen, gerade behufs treuer Wiedergabe des Gedankens, Einiges an der Satzfügung zu ändern. Wenn dabei Ihrem lapidaren Stil eine Unbill nicht erspart werden konnte, so bitte ich meine Ungeschicklichkeit gütigst nachzusehen, aber von meinem besten Willen überzeugt zu sein. Was die Depesche anbelangt so war doch diese Kleinigkeit, so wie seinerzeit der kaum erwähnenswerthe Ar- |2| tikel im Budap. Szemle,2 das Wenigste, das Wenigste, was ich in einer Herzensangelegenheit – und das ist doch Alles, was auf Sie, Herr Professor Bezug hat, – thun konnte. Ich wünsche nur, daß Sie an Ihren neuen Kollegen mehr Freude erleben, als sich nach den jüngsten Anzeichen einer gänzlichen Zerfahrenheit in dieser gelehrten Körperschaft von ihr erwarten läßt. Ich meine die verblüffenden Überraschungen, welche uns die karnevaleske Wahl des Präsidialbureaus brachte. Es hängt nun alles von der Person des zu wählenden Generalsekretärs ab. Szily3 und Beöthy4 werden als |3| Kandidaten kolportiert. Mit dem ersten wäre die Naturwissenschaft unumschränkte Herrin im Hause; für mich speziell ist aber diese Möglichkeit noch immer erwünschter als die zweite. Leider lasse ich mich hierbei von rein persönlichen Rücksichten leiten, die man mir aber um so weniger verargen darf, als Sz. seinen Mann entschieden besser stellen würde als der kränkliche und einseitige B. - - -

Bei meinem Sommerfrischentraume ist, wie Sie sich wohl denken können, der Haupthaken die leidige Geldfrage. Theuer darf einmal die Geschichte nicht sein und dann soll, wenn nur irgendwie möglich, Mama und Schwester auch mit kommen, da ich ohne die aufopfernde Pflege dieser beiden Schutzengel kaum mehr existire, geschweige denn mich ordentlich erholen kann. Ich habe schon in meiner Rathlosigkeit selbst an Graz gedacht, wo man doch billig wohnen, relativ besser als in einem |4| obskuren Neste kostiren und bei gänzlicher Beschäfigungslosigkeit noch immer einige Zerstreuung finden würde. Es frägt sich nur, ob die kleinen Ausflüge in die nächste Umgebung und der Stadtpark, Hilmteich etc. das nöthige Quantum ozonhältiger, frischer Luft und erquickender Bewegung gewähren würden? Mein Arzt, der meine materiellen Verhältnisse nur zu gut kennt, ist in seinen Rathschlägen sehr diskret und traut sich gar nicht über farblose Allgemeinheiten hinaus.

Was den interessanten Fall von Aphasie anbelangt, über den Sie Näheres zu erfahren wünschen,5 – werde ich nach Thunlichkeit Nachforschungen anstellen. Da der Betreffende im hiesigen Spitale untergebracht worden, so wird es wohl gehen, zumal ich mit dem Primararzt des Krankenhauses persönlich bekannt bin. Ist er aber seitdem vielleicht schon nach der Hauptstadt gebracht worden, dann wird es schwerer gehn. Jedenfalls werde ich Ihnen sofort Bericht erstatten.

Bitte um Entschuldigung wegen der in fieberhafter Eile hingekritzelten Schrift. An Herrn Harden habe ich gleichzeitig mit Ihrem Exemplar ein solches geschickt und er hat mir auch sofort in herzlichen Zeilen gedankt.

Bitte um Entschuldigung wegen der in fieberhafter Eile hingekritzelten Schrift. An Herrn Harden habe ich gleichzeitig mit Ihrem Exemplar ein solches geschickt und er hat mir auch sofort in herzlichen Zeilen gedankt.
Katona.


1 Ungarische Akademie der Wissenschaften. - Vgl. Ms 5067/256. – Der Text wurde nicht gefunden, vgl. jedoch A MagyarTudományos Akadémia Értesítöje, Rendeletéböl, Huzonharmadik Évfolyam (1889), Budapest 1890, 78-80 (Begründung der Wahl durch Pal Hunfalvy und Emil (von) Thewrewk.

2 Lajos Katona, „Schuchardt legûjabb füzete“ [Rez. von Schuchardt, Auf Anlass des Volapüks, Berlin 1888], Budapesti Szemle 139-141, 1888, 130-138.

3 Kalmán Szily (1838-1924), ungar. Physiker und Sprachwissenschaftler; 1889-1905 Generalsekr. der MTA; vgl. HSA 11497-11523.

4 Zsolt Beötyh (1848-1922), ungar. Literaturwissenschaftler.

5 Vgl. Ms 5067/257.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 05366)