Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (236-s.n.)

von Hugo Schuchardt

an Julio de Urquijo Ybarra

Graz

20. 06. 1912

language Deutsch

Schlagwörter: language Französischlanguage Baskisch Lacombe, Georges Bonaparte, Louis Lucien Baskenland Sare

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (236-s.n.). Graz, 20. 06. 1912. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.1026, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.1026.


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Graz, 20. 6. '12

Sehr geehrter Freund,

Wenn ich auch glaube daß in Angelegenheit des Sprachatlas nur Basken das entscheidende Wort zu sprechen haben, so bin ich doch bereit das höchst löbliche Unternehmen mit meinen schwachen Einsichten zu unterstützen. Nur müßte ich zuerst über die äußern Umstände unterrichtet sein, unter denen es verwirklicht werden soll.

1. Geographischer Umfang?, das ganze franz. Baskenland?

2. Innerer Umfang? Wie viel Nummern ungefähr? In dieser Hinsicht kann der franz. Atlas doch kaum als Vorbild dienen.

3. Französische oder baskische Stichwörter? Die ersteren wären doch |2|nicht recht am Platze; anderseits wäre es nicht ganz leicht normale baskische Formen in allen Fällen aufzustellen. Wäre etwa die Sprechweise von Sare als Grundlage zu nehmen?

4. Welche Wörter und Phrasen sind zu wählen? G. Lacombe meint, man könne “sauf dans de très rares cas” dem franz. Atlas “point par point” folgen. Ich habe ihm widersprochen. Beim Franz. sprechen ganz andere phonetische und morphologische Umstände mit als beim Bask. Dort ist aigle wichtig, hier arrano nicht; hier dagozi, daude, daudezi usw. sehr wichtig, dort ils restent gar nicht. — Es wird eine sehr schwierige Frage sein wie man es mit den einfachen Verben halten soll.

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5. Welche Personen sollen befragt werden? Die Geistlichen und die Lehrer, überhaupt die Gebildeten können meines Erachtens hier nur die Vermittlerrolle spielen, schon deshalb keine andere weil sie zu oft von einem anderen Orte hergekommen sind. Am besten Analphabeten! dann alte Mütterchen (nach dem Rezepte des Pr. Bonaparte)! Jedenfalls aber Personen die an dem betreffenden Orte geboren sind und ihn nur selten und nur auf kurze Zeit verlassen haben (also keine Indios, Americanos!).

Mit bestem Gruß

Ihr ergebener

H.Schuchardt

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Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)