Hugo Schuchardt an Julien Vinson (20-HSJV07)

von Hugo Schuchardt

an Julien Vinson

Graz

11. 06. 1892

language Französisch

Schlagwörter: Schuchardt-Bibliotheklanguage Baskisch Dodgson, Edward Spencer Eys, Willem Jan van Dodgson, Edward Spencer (1892) Vinson, Julien (1891–1898)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julien Vinson (20-HSJV07). Graz, 11. 06. 1892. Hrsg. von Bernhard Hurch (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.10098, abgerufen am 24. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.10098.


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Graz 11 Juni 92.

Sehr geehrter Herr Kollege,

Anbei die gewünschte Durchzeichnung, die Ihnen hoffentlich genügen wird – ich bin kein grosser Zeichner.1

Beschreibung des Buches:

Coll: p. (I-II) titre, p. (III-XI) mandemant [sic] épiscopal (en italiques*)), p. 1-15 prières, p. 15-132 Catéchisme, p. 132-137 litanies, p. 137-138 Meça nola lagundu behar den, p. 138-140

*) mit Ausnahme der Ueberschrift Bayonacopublicatceco und der Unterschrift (auf S. XI), welche theilweise in stehenden Charakteren gedruckt ist:

† PIARRES, Bayonaco

Aphezpicua.

Jaun Aphezpicuaren manuz

SAINTPE’, Secr.

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Meça laguncean cer ihardetsi behar denFina.

Sign. A p. (IX), AII p. 1, B p. 5, BII p. 7, C p. 13, CII p. 15, D p. 21, DII p. 23 etc.

[also zwischen A und AII ein Blatt: (XI)(XII)] 2

Mots et signes caractéristiques: p VI. (3/4 Zeile von unten: ner-| habeac, p. XI Saintpe’ p. 15 chumerenei

Comm. des p. IV Jaun haren bicitce, 10 arazteaz gure, 50 I. Erran nahi da, 51 I. Beguiratu behar, 90 picuac Ceremonia, 120 G. Erraçu latinez eta eta escoaraz, 140 L. Gloria tibi Domine

Ich habe das Buch aus der Bibliothek von Mahn (Katalog 158. von W. Weber in Berlin) vor einigen Jahren für 3 Mark gekauft.3

Ich theile im Allgemeinen durchaus die Ansichten von Dodgson nicht wie er Ihnen bestätigen wird; |3| dass eine Reihe von Schriften zu Ihrer Bibliographie nachzutragen sind; läugnen Sie ja doch selbst nicht, einige sind von Dodgson mit Unrecht genannt worden, da Sie Ihrem Prinzip zufolge nicht aufzunehmen waren.4

Warum sind denn die baskischen Bücher vor dem Beginne dieses Jahrhunderts die einzig interessanten? Weil sie einen bibliographischen Werth haben? Das ist für mich eine Tautologie; „weil sie interessante Bücher sind“. Wo steckt das Interesse? im Papier, im Einband u.s.w.? Nein, nur weil sie für die baskische Sprachforschung werthvoller sind als die heutigen; an sich könnten Sie für die Kultur-, für die Litteraturgeschichte eine grössere Bedeutung haben – sie haben sie aber nicht; |4| Dechepare ist nicht origineller als unsere Dichter von heute.5

Ich habe, nach vielen Jahren, mich wieder dem Baskischen zugewendet, und bin zunächst mit einigen Studien über das Verbum beschäftigt. Ich thue das zu meiner eigenen Befriedigung; ich wüsste nicht, bei wem ich dafür Theilnahme finden könnte – gewiss nicht bei den Basken selbst, auch nicht bei den Baskophantasten,van Eys wird mich, wegen mannigfachen Widerspruchs, günstigsten Falles mit jenen Liebenswürdigkeiten bedenken, für die er jetzt gerade keine andere Verwendung hat, Sie aber welcher Sie in dem allgemeinen bellum omnium contra omnes eine gemässigte Stellung eingenommen hatten, scheinen sich für derlei nicht mehr zu interessiren.

Mit bestem Grusse

Ihr ergebenster

HS


1 Diese Zeichnung ist nicht erhalten.

2 Eckige Klammern im Original.

3 Carl August Friedrich Mahn [1802-1887] deutscher Romanist, Anglist und Baskologe. In der Schuchardtschen Privatbibliothek finden sich einige baskische Bücher aus dem Nachlass Mahns.

4 E.S. Dodgson (1892) hatte die Bibliographie von Vinson (1891) rezensiert und z.T. willkürlich erweitert.

5 Bernard Dechepare (vgl. auch andere Schreibweisen), schriftstellender Priester in St. Michel, Niedernavarra, publizierte 1545 die Linguæ Vasconum Primitiæ, das erste Buch auf Baskisch.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung von: Azkue Biblioteka (Euskaltzaindia) (Sig. HSJV07)