Die keltischen Götternamen der germanischen Provinzen


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Grannus

CF-GeI-120

DIVVM · SODALIS · CONSVL · [---]

VERNO · DIE · ET · POST · SICANO[.]

POSTQVE · PICENTIS · V[---]S

AC · MOX · HIBEROS · CE[---]S

  5 VENETOS · DELMATAS [---]

NA · REGNA · POST · FEROS IAPV

DAS · GERMANIARVM · CON

SVLARIS · MAXIMVS · PAREN[.]

ADVLTAE · PROLIS · GEMINA[.]

10 ḶIBERVM · ARAM · DICAVIT ·

[.]OSPITI · CONCORDIIAE

[.]RANNO · CAMENIS · MAR

TIS · ET · PACIS · LARI · QVI[.]

[.]T DEORVM · STIRPE

15 GENITO CAESARI

[.] FVLVIVS · G · F ·

MAXIMVS · LEG ·

[.]VG · PR · PR

Divum sodalis consul [ex]

verno die et post Sicano[s]

postque Picentis v[iro]s

ac mox Hiberos Ce[lta]s

  5 Venetos Delmatas [Libur]-

na regna post feros Iapu-

das Germaniarum con-

sularis Maximus paren[s]

adultae prolis gemina[e]

10 liberum aram dicavit

[S]ospiti Concordiiae

[G]ranno Camenis Mar-

tis et Pacis Lari qui[n]

[e]t deorum stirpe

15 genito Caesari

[C(aius)] Fulvius G(ai) f(ilius)

Maximus leg(atus)

[A]ug(usti) pr(o) pr(aetore)

CivitasCCAA
Apparatus criticusZ. 1: consu[l ex] – CLE; e[t] – ILS; für eine Ergänzung von [ex] am Ende der Zeile kein Platz; auch nicht am Anfang von v.2. – Eck
Z. 2: Sicano[s] – ILS, CLE
Z. 3: vi[r]os – Eck
Z. 4: Ce[lt]as – ILS
Z. 5: Delmatas [---] – ILS; De[l]matas – CLE; L in DELM incerta; fin. LIBVR fuisse potest – CIL; Delmata[s] Lib[u]r- – Eck; L[i]b[u]r – Hainzmann
Z. 6: I[ap]u- – ILS
Z. 8: [.]ularis – CIL; [s]ularis – Eck, Hainzmann
Z. 10: [l]iberum – ILS
Z. 11: Concordiae – ILS, Eck, Hainzmann
Z. 12: Granno – CLE
Z. 13: quin – Eck, Hainzmann
Z. 14: et – ILS
Z. 16: G(aius) – Eck
Z. 18: Aug. – ILS
Übersetzung Deutsch

Ich, Maximus, Priester der vergöttlichten Kaiser, Konsul ab dem Frühlingstag, und – nach (meinen Ämtern bei) den Sikanern und den Pikenern und dann den iberischen Kelten, Venetern, Delmatern (= Dalmataern), (in) den Liburnischen Reichen und (bei) den wilden Iapuden – Statthalter der germanischen Gebiete, habe als Vater einer erwachsenen Zwillingsnachkommenschaft diesen Altar für die Kinder
der Sospes, der Concordia, dem Grannus, den Camenae, dem Lar des Mars und der Pax, ja auch dem Caesar von göttlichem Stamm geweiht. Gaius Fulvius, Sohn des Gaius, Maximus, legatus Augusti pro praetore.

Übersetzung Englisch

I, Maximus, priest of the deified emperors, consul from the day of spring, and – after (holding positions with) the Sicani and the Picenians and then the Iberian Celts, the Veneti, the Delmati (= Dalmati), (in) the Liburnian realms and (with) the wild Iapudes – governor of the German territories, being the father of grown up twins, dedicated this altar for the children
to Sospes, Concordia, Grannus, the Camenae, the Lar of Mars and Pax, and even to Caesar, born from the gods. Gaius Fulvius, the son of Gaius, Maximus, legatus Augusti pro praetore.

Autopsienon vidimus
Lesung gründet auf: Lehner
Editionen und LesungenILS 1195
CIL XIII 8007
Lehner 1918, Nr.149
CLE 20
Eck 1985, 209
Hainzmann 2016, 241
Elektronische RessourcenEDCS-11100232 (zuletzt aufgerufen am 24. Februar 2020) (Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby)
www.trismegistos.org/text/415066 (zuletzt aufgerufen am 26. Juli 2021) (Trismegistos)
Fundort antikBonna
Fundort modern Bonn
Fundstellein einem Hintergebäude des ehemaligen Gasthauses ‚zum alten Keller‘ am Rheinthore, ungefähr 50 Schritte vom Rheinufer entfernt (CIL)
Fundumständebeim Tieferlegen eines Fundaments in einem Nebengebäude; mit dem Stein kamen auch Scherben und Knochen zutage (Zangemeister 1864, 49 f.).
Fundjahr1862
VerwahrungBonn, Rheinisches Landesmuseum
InventarnummerU 67
InschriftträgerWeihealtar
MaterialTrachyt
Archäologische Klassifikation Apfel
Aufsatzschmuck
Baum
Blattdekor
Frucht
Laubbaum
Reliefdekor
Reliefschmuck
Rosette
Beschreibung Objekt

Der vollständig erhaltene Weihealtar weist in der rechten unteren Sockelecke sowie rechts oben an der Bekrönung Abschlagungen und Ausbrüche auf. Die Kanten sind allesamt leicht bestoßen. Der profilierte Sockel trägt einen rechteckigen Altarkörper ohne Inschriftenfeldeinrahmung.
Der Aufsatz ist durch ein vorspringend umlaufendes und profiliertes Gesims abgegrenzt. Vom Aufsatz selbst ist am besten die linke Seite erhalten; hier ist noch ein Pulvinus erkennbar. Der mittige Giebel ist abgebrochen und stark bestoßen.

Zustand Objekt vollständig
MaßeHöhe: 97,0 cm
Breite: 62,0 cm
Tiefe: 34,0 cm
IkonografieLaut Lehner (1918, 72-74) sollen sich am Aufsatz selbst noch zwei Äpfel befinden – eine leichte Erhebung auf der linken Seite kann festgestellt werden. Giebel und verbleibender Pulvinus sind mit Rosettendekor versehen. Nach Lehner handelt es sich bei den Motiven auf den Schmalseiten um Baumdarstellungen in einfachem Relief. Auf der linken Seite ist der Baum mit einem geraden Stamm versehen; an der rechten Seite ist in der Mitte ein Aststumpf erkennbar. Die Baumkrone besteht auf vielen länglich nach oben spitz zulaufenden Blättern. Auf der rechten Schmalseite ist das Motiv wohl ähnlich aufgebaut, doch ist hier die Oberfläche wesentlich schlechter erhalten.
Inschrift

Der Text ist bis auf einige kleinere Fehlstellen vollständig erhalten. Er füllt das ganze Inschriftenfeld aus. Die Buchstaben der vorvorletzten und vorletzten Zeile (mit dem Namen des Dedikanten) sind deutlich größer ausgeführt.

Technikgemeißelt
Buchstabenhöhe (cm)2,6–4,7 cm
Notabilia Varia

v.5: „Delmatas” pro „Dalmatas”
v.11: „Concordiiae” pro „Concordiae” v.16: „G(ai!) f(ilius)” pro „C(ai) f(ilius)”

Kommentar Götternamen

Grannus: keltisch; etymologische Bedeutung: ,der Heiße‘ (de Bernardo Stempel in Spickermann 2005, 140–41)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Grannus:
- Germania Inferior: Das eingliedrige theonymische Formular ist nur 1x belegt (CF-GeI-120). - außerhalb der Germania Inferior: in wenigen Fällen bezeugt

Apollo Grannus:
- Germania Inferior: 2x belegt (CF-GeI-27 und CF-GeI-28) - außerhalb der Germania Inferior: in verschiedenen Provinzen mehrfach bezeugt

***

Nicht keltische Götternamen:

Sospes: Die ältere Literatur versteht darunter Concordia Sospes (CIL, Lehner 1918, Nr.149), Eck (1985, 210) und Bauchhenß (2001, 276) sehen hier zwei Göttinnen genannt: (Iuno) Sospes und Concordia. – Iuno Sospes: Erscheinungsform der Iuno mit Tempel in Lanuvium; auch Iuno Seispes bzw. Iuno Sospita (Latte 1960, 166)

Camenae: die Musen

Caesar: Die Inschrift lässt sich nicht sicher datieren; am ehesten ist die Zeit unter Severus Alexander anzunehmen (vgl. Eck 1985, 210), der dann wohl auch mit Caesar gemeint wäre.

Die spezielle Auswahl der Götter wurde mit der möglichen Bezugnahme auf die Kinder bzw. die Familie des Statthalters erklärt (so Bauchhenß 2001, 304 Anm.79).

Kommentar allgemein

Die Inschrift ist bis Z.15 in Jamben verfasst.

divum sodalis: Priesteramt zur Verehrung der vergöttlichten Kaiser; welche Sodalität genau angesprochen ist, bleibt unbekannt.

consul ex verno die: Gaius Fulvius Maximus hatte als consul suffectus sein Amt am 1. März angetreten.

Dann folgen die anderen Ämter des Gaius Fulvius Maximus in chronologischer Reihenfolge:
Prokonsulare Legatio in Sizilien Iuridikat in Picenum Iuridikat in Hispania Tarraconensis (Eck 1985, 209); dagegen: ILS: legatio, CIL: legatus praesidis, Lehner 1918, Nr.149: Consularlegat Curator in der Transpadana (Eck 1985, 209); dagegen: ILS: legatio vel iuris dictio, CIL, Lehner 1918, Nr.149: iuridicus regionis konsularer Legat von Dalmatien; die Völkernamen in Z.5-7 sind vermutlich zusammenzunehmen (vgl. Eck 1985, 209) Statthalter von Niedergermanien; der Plural dürfte als poetische Freiheit zu erklären sein. Eck (1985, 209) datiert die Statthalterschaft entweder in die Zeit des Severus Alexander oder des Septimius Severus, zwischen ca. 206 und 210 (?).

adultae prolis geminae: Der Altar könnte anlässlich der Mündigkeitserklärung der Zwillingskinder geweiht worden sein (Lehner 1918, Nr.149).

Gaius Fulvius Maximus: tria nomina
Fulvius: italisches Gentilnomen (Kakoschke 2006, GN 515) Maximus: lateinisches Cognomen, überall äußerst gängiger Name (Kakoschke 2008, CN 1999)

ZitiervorschlagCF-GeI-120, hdl.handle.net/11471/504.50.120
LizenzCreative Commons BY-NC 4.0


Bild 1: Front, EDCS-11100232 (CIL), Rechte vorbehalten
Bild 2: links, FercanGermaniaInferior, CC BY-NC
Bild 3: rechts, FercanGermaniaInferior, CC BY-NC
Bild 4: oben, FercanGermaniaInferior, CC BY-NC