Die keltischen Götternamen der germanischen Provinzen


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Ambiomarcae | Abirenes

CF-GeI-106

IN [.] D · D [---]

ET · GENIO · LO[---]

AMBI · AMARCIS

AMBIO · RENESIBVS

  5 MART̂I · VICTOR̂I · MER

CVR̂IO · NEPTVNO

CERER̂I · DIIS · DEABVSQ ·

OMN̂IBVS · PRIMINI ·

OCTÂVIVS · VER · FELIC

10 QV̂ARTIVS · QVETVS

ÊT MỊ[---]ṬAL̂IS · V · S · L · M

IMP · D[---]ḶLO ·

ET · V[---]IANO · ÂVG

[---]ỌS

In [h(onorem)] d(omus) d(ivinae) [I(ovi) O(ptimo) M(aximo)]

et Genio lo[ci et]

Ambiamarcis

Ambiorenesibus

  5 Marti Victori Mer-

curio Neptuno

Cereri diis deabusq(ue)

omnibus Primini(us)

Octavius Ver(inius) Felic(io?)

10 Quartius Quetus

et Mi[nicius? Vi?]talis v(otum) s(olverunt) l(ibentes) m(erito)

Imp(eratoribus) d[d(ominis) nn(ostris) Ga]llo

et V[olus]iano Aug(ustis)

[c]o(n)s(ulibus)

CivitasCCAA
Apparatus criticusZ. 1: ohne Ergänzung [I O M] – Galsterer 1981, AE, Galsterer/Galsterer 2010, KIK2012
Z. 2: lo[ci] – Galsterer 1981, AE, Galsterer/Galsterer 2010, KIK2012
Z. 5: ohne Ligaturen – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 6: ohne Ligatur – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 7: ohne Ligaturen – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 8: Primini – Galsterer 1981, Galsterer/Galsterer 2010, KIK2012; Primini(i) – AE; ohne Ligatur – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 9: Ver(us) Felic(issimus?) – Galsterer 1981, AE; Ver(us) Felic(ior?, issimus?) – Galsterer/Galsterer 2010, KIK 2012; ohne Ligatur – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 10: Vetus – Galsterer 1981, AE, Galsterer/Galsterer 2010, KIK2012; ohne Ligatur – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Z. 11: Mi[nius?] – Galsterer 1981, AE; ohne Ligaturen – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012; bei dem vermeintlichen I am Beginn der Lücke könnte es sich auch um ein E handeln – Kakoschke.
Z. 12: Zeilenwechsel fehlt nach Ga]llo – Galsterer/Galsterer 2010, KIK 2012
Z. 13: [I]I (iterum) et – Galsterer 1981, AE; ohne Ligatur – AE, Galsterer/Galsterer 2010, EDH, KIK2012
Übersetzung Deutsch

Zur Ehre des Kaiserhauses für Iuppiter Optimus Maximus
und für den Genius loci, die Ambiamarcae, die Ambioreneses, Mars Victor, Merkur, Neptun, Ceres und alle Götter und Göttinnen! Priminius Octavius, Verinius Felicio, Quartius Quetus und Minicius Vitalis haben das Gelübde gerne und verdientermaßen erfüllt. Unter dem Konsulat unserer Herrn Kaiser Gallus und Volusianus.

Übersetzung Englisch

In honour of the divine household and to Iuppiter Optimus Maximus
and the Genius loci, the Ambiamarcae, the Ambioreneses, Mars Victor, Merkur, Neptun, Ceres and all gods and goddesses! Priminius Octavius, Verinius Felicio, Quartius Quetus and Minicius Vitalis have fulfilled a vow willingly and deservedly. During the consulship of our lords the emperors Gallus and Volusianus.

Autopsienon vidimus
Lesung gründet auf: Kakoschke
Editionen und LesungenGalsterer/Galsterer 1981, Nr.3
AE 1981, 660
Galsterer/Galsterer 2010, Nr.3
KIK 2012, Nr.635
Kakoschke 2017. Nr.1
Elektronische RessourcenHD005413 (Version vom 4. April 2006) (Epigraphische Datenbank Heidelberg)
EDCS-01100011 (zuletzt aufgerufen am 24. Februar 2020) (Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby)
www.trismegistos.org/text/208793 (zuletzt aufgerufen am 29. Juni 2021) (Trismegistos)
Fundort antikCCAA
Fundort modern Köln
FundstelleDeutz, unter Kurtine VI/VII
Fundumständebei Untersuchungen im Bereich der Kurtinemauern VI/VII; verbaut im Turm (VI) des konstantinischen Kastells (Galsterer/Galsterer 1981, 228)
Fundjahr1976
VerwahrungKöln, Römisch-Germanisches Museum
Inventarnummer76,472.1
InschriftträgerWeihealtar
MaterialKalkstein
Archäologische Klassifikation Fragment
Glatt
Inschrift außerhalb des Inschriftenfeldes
Beschreibung Objekt

Der Altar ist auf allen Seiten mehr oder weniger stark bestoßen und abgeschlagen. Die rechte obere Ecke fehlt. Insgesamt ist der Altar in mehrere Stücke gebrochen und wieder zusammengesetzt worden. In der unteren Hälfte fehlt zentral ein Stück, die Stelle wurde modern mit Zement ausgefüllt.
Der Altar besteht aus einem schmal erscheinenden Sockel, dem sich nach oben hin verjüngenden Altarkörper mit dem nicht gerahmten Inschriftenfeld und dem anschließenden Aufsatz, der durch ein Sims abgegrenzt ist. Der Aufsatz trägt frontal ebenfalls eine Inschrift.

Zustand Objekt größere Fehlstelle/n
MaßeHöhe: 58,0 cm
Breite: 40,0 cm
Tiefe: 12,0 cm
Ikonografiekeine Beschreibung möglich
Inschrift

Der Inschriftentext ist in seiner ganzen Ausdehnung erhalten, doch ist im unteren Drittel in der Mitte ein Stück ausgebrochen, auch fehlt die rechte obere Ecke. Z.1 und 2 befinden sich außerhalb des Inschriftenfeldes am Giebel. Ligaturen: s. Majuskeltext. Besondere Zeichen: Ligaturen mit I ausgedrückt durch verlängerte senkrechte Haste finden sich in Z.5 (T und I, R und I), Z.6 (R und I), Z.7 (R und I), Z.8 (N und I) und Z.11 (L und I). In Z.7 gibt es eine Ligatur von E und R mit einem seitenverkehrten E.
In den Z.2 und 3 ist mitten im Götternamen eine Wortfuge durch Trennpunkt gekennzeichnet: „Ambi * Amarcis“, „Ambio * Renesibus“.

Technikgemeißelt
Notabilia Varia

v.12: „Imp” pro „Impp”
v.13: „Aug” pro „Augg”

Kommentar Götternamen

Ambiamarcae: Variante von Ambiomarcae: erster Namensteil keltisch, zweiter germanisch: ‚die um die Marken / zu beiden Seiten der Marken Wohnenden‘ (Schmidt 1987, 144; de Bernardo Stempel in Spickermann 2005, 142)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Ambiomarcae:
- Germania Inferior: 3x bezeugt (CF-GeI-106, CF-GeI-107, CF-GeI-121) - außerhalb der Germania Inferior: -

Matronae Ambiomarcae:
- Germania Inferior: Es findet sich nur ein relevanter Beleg (CF-GeI-105). - außerhalb der Germania Inferior: -

***

Ambioreneses: Variante von Abirenes: keltisch, ursprünglicher Zugehörigkeitsbeiname zum Gebiet um den Fluss Renos: ‚die Gottheiten um den Renos‘ (de Bernardo Stempel in Spickermann 2005, 139)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Abirenes: - Germania Inferior: Dieses theonymische Formular ist nur in der hier vorgelegten Inschrift belegt und nur mit der Variante des Götternamens als Ambioreneses.
- außerhalb der Germania Inferior: -

Matronae? Abirenes:
- Germania Inferior: In CF-GeI-115 deutet vermutlich der vor dem Götternamen erhaltene Wortausgang “-is” darauf hin, dass ursprünglich „Matronis Abirenibus“ zu lesen war. - außerhalb der Germania Inferior: -

Kommentar allgemein

Die 8 erhaltenen Namen sind höchstwahrscheinlich als 4 Personennamen bestehend aus Gentilnomen und Cognomen zu verstehen: Priminius Octavius, Verinius Felicio, Quartius Quetus und Minicius Vitalis. Nach anderer Lesung (siehe Apparatus criticus) haben wir es hier mit 3 Primini(i): Octavius, Ver(us) und Felic(ior? oder ähnlich), zu tun.

Priminius: einheimisches Pseudogentilnomen, abgeleitet vom lateinischen Cognomen Primus/Priminus (Kakoschke 2006, GN 989)
Octavius: lateinisches Cognomen (auch Gentilnomen) oder keltisches Cognomen (Kakoschke 2008, CN 2221)

Verinius: einheimisches Pseudogentilnomen, abgeleitet vom lateinischen Cognomen Verus/Verinus; vor allem in der Provinz Germania Inferior verbreitet (Kakoschke 2006, GN 1397); der mit „Ver“ angegebene Name wird eher auf das häufiger belegte Gentilnomen Verinius (oder Veranius) zu ergänzen sein als auf das in den germanischen Provinzen nur 1x bezeugte Cognomen Verus (Kakoschke 2017, 3).

Felicio: lateinisches Cognomen (Kakoschke 2007, CN 1283); vorgeschlagen wurde auch die Auflösung von „Felic“ als Felicissimus: lateinisches Cognomen (Kakoschke 2007, CN 1284)
Quartius: italisches Gentilnomen oder einheimisches Pseudogentilnomen, abgeleitet vom lateinischen Cognomen Quartus (Kakoschke 2006, GN 1026) Quetus: Nebenform des gängigen Quietus: lateinisches Cognomen (Kakoschke 2008, CN 2520); aus Platzgründen und den möglicherweise erhaltenen Resten des unteren Schweifes eines Q ist hier Quetus der Vorzug zu geben gegenüber der Lesung Vetus, die in der Germania Inferior bisher nicht bezeugt ist (Kakoschke 2017, 2). Es könnte auch eine Verschreibung von Quietus vorliegen oder eine nicht mehr sichtbare Ligatur von I und E.

Minicius: Die Ergänzung ist sehr spekulativ; italisches Gentilnomen, gängiger Name (Kakoschke 2006, GN 803)
Vitalis: lateinisches Cognomen, äußerst gängiger Name (Kakoschke 2008, CN 3375); die Ergänzung ist sehr spekulativ, möglich wäre etwa auch Natalis: lateinisches Cognomen, gängiger Name (Kakoschke 2008, CN 2143)

Imp. und Aug.: Obwohl hier zwei Kaiser genannt sind, treten die Abkürzungen für Imperatores und Augusti hier ohne Pluralendungen auf. Derartiges ist jedoch – etwa auf Meilensteinen – nicht ungewöhnlich (Galsterer/Galsterer 2010).

Gallus und Volusianus: das angegebene Konsulpaar Trebonianus Gallus und Volusianus lässt die Inschrift ins Jahr 252 n.Chr. datieren (Galsterer/Galsterer 2010)

Datierung0252
ZitiervorschlagCF-GeI-106, hdl.handle.net/11471/504.50.106
LizenzCreative Commons BY-NC 4.0


Bild 1: Front, EHD HD005413 (C. Witschel), CC BY-SA
Bild 2: Front (Zeichnung), Kakoschke 2017, Nr.1, Rechte vorbehalten