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Ath. 10,11 f. = 417b-418d

TitelDeipnosophistai
AutorAthenaios
Zeitangabe2., 3. Jh.n.Chr.
Originaltext καὶ ἔθνη δὲ ὅλα εἰς πολυφαγίαν ἐκωμῳδεῖτο, ὡς τὸ Βοιωτόν. Εὔβουλος γοῦν ἐν Ἀντιόπῃ φησί (II 169 K) πώνειν μὲν ἁμὲς καὶ φαγεῖν μάλ’ ἀνδρικοὶ καὶ καρτερεῖμεν, τοῖς δ’ Ἀθηναίοις λέγειν καὶ μικρὰ φαγέμεν, τοὶ δὲ Θηβαῖοι μέγα. καὶ ἐν Εὐρώπῃ (p. 176) κτίζε Βοιωτῶν πόλιν, ἀνδρῶν ἀρίστων ἐσθίειν δι’ ἡμέρας. καὶ ἐν Ἴωνι (p. 177) οὕτω σφόδρ’ ἐστὶ τοὺς τρόπους Βοιώτιος ὥστ’ οὐδὲ δειπνῶν, ὡς λέγουσ’, ἐμπίπλαται. ἐν δὲ Κέρκωψι (p. 181) μετὰ ταῦτα Θήβας ἦλθον, οὗ τὴν νύχθ’ ὅλην τήν θ’ ἡμέραν δειπνοῦσι καὶ κοπρῶν’ ἔχει ἐπὶ ταῖς θύραις ἕκαστος, οὗ πλήρει βροτῷοὐκ ἔστι μεῖζον ἀγαθόν ὡς χεζητιῶν μακρὰν βαδίζων, πολλὰ δ’ ἐσθίων ἀνήρ, δάκνων τὰ χείλη παγγέλοιός ἐστ’ ἰδεῖν. ἐν δὲ τοῖς Μυσοῖς πρὸς τὸν Ἡρακλέα ποιεῖ τινα τάδε λέγοντα (p. 187)·σὺ μὲν τὸ Θήβης, ὡς λέγεις, πέδον λιπών, ἀνδρῶν ἀρίστων ἐσθίειν δι’ ἡμέρας ὅλης τραχήλους καὶ κοπρῶνας πλησίον ... Δίφιλος δὲ ἐν Βοιωτίῳ (II 547 K) οἷος ἐσθίειν πρὸ ἡμέρας ἀρξάμενος ἢ πάλιν πρὸς ἡμέραν. Μνησίμαχος Βουσίριδι (II 436 K) εἰμὶ γὰρ Βοιώτιος ὀλίγα μὲν λαλῶν, {Β.} δίκαια ταῦτα.
Quelle C. B. Gulick, Athenaeus. The Deipnosophists, Bd. 4, 9–10.
Übersetzung Es wurden auch ganze Völker wegen ihrer Gefräßigkeit in den Komödien aufs Korn genommen wie zum Beispiel das boiotische. Eubulos sagt jedenfalls in der Antiope (F11 KA) „Wir wollen saufen und auch völlern, rechten Zechgenossen gleich, und standhaft bleiben; den Athenern aber überlassen wir´s, zu reden, und die essen wenig, die Thebaner aber viel“. Ebenso in der Europe (F33 KA) „Lege eine Stadt an im Boioterland, der Männer, die am besten darin sind, zu essen tagelang“. Und im Ion (F38 KA) „So sehr ist er in seinen Sitten ein Boioter, dass er, selbst wenn er isst, so sagt man, nicht einmal gesättigt wird.“ Dann in den Kerkopen (F52 KA) „Sodann kam ich nach Theben, wo sie gar die ganze Nacht und einen Tag lang zechen und ein jeder an den Türen einen Lokus hat. Es gibt ja keinen größren Schatz als dies für einen vollgefüllten Sterblichen. Denn wenn er sich erleichtern will und einen langen Weg hat – jener Mensch, der eine Menge isst – und sich schon auf die Lippen beißt, dann ist sein Anblick doch recht lächerlich.“ In den Mysern (F66 KA) lässt er zu Herakles folgendes sagen: „Du bist, wie du erklärst, aus den Gefilden Thebens ausgereist, der Stadt der Männer, die am besten darin sind, dass sie den ganzen Tag lang Muschelhälse essen, und die Örtchen in der Nähe….“ Diphilos (F22 KA) im Boioter: „So ist er, dass vor Tage er zu essen anfängt oder wieder bis zum nächsten isst“. Mnesimachos (F2 KA) im Busisris: A: „Ich bin ja ein Boioter: Ich rede wenig“. B: „Richtig so!“ A: „Doch esse viel.“ Alexis (F239 KA) im Trophonios: „Damit ihr nun nicht gänzlich als Boioter erscheint vor denen, die euch abzukanzeln pflegen, weil ihr unbeweglich seid wie auch zu schreien und zu trinken und die ganze Nacht zu essen nur versteht, so lege jetzt ein jeder seine Kleider ab ganz schnell!“ Achaios (TGF I 20 F3) in den Wettkämpfen: „A: Sprichst du zu Festgesandten oder Sportlern da?“ B: „Zu Leuten, die viel essen, wie es ja bei Sportlern, die trainieren, üblich ist.“ A: „Woher sind denn die Gäste?“ B: „Aus Boiotien.“ Infolgedessen ist es natürlich, dass auch Eratosthenes in den Briefen beschreibt, wie Prepelaos gefragt wurde, was er von den Boiotern halte, und wie er antwortete: „Was denn anderes, als dass sie solches reden, wie es auch die Krüge, wenn sie eine Stimme hätten, sagen würden, nämlich, wieviel jeder fasst.“ Polybios aus Megalopolis überliefert im zwanzigsten Buch seiner Geschichte, dass die Boioter in der Zeit, als sie in der Schlacht bei Leuktra größten Ruhm erworben hatten, allmählich bequem geworden seien und sich dem guten Essen und Trinken zugewandt und den Freunden Beiträge für gesellige Zusammenkünfte zur Verfügung gestellt hätten. Aber auch viele von denen, die sogar eigene Nachkommenschaft hatten, spendeten den größten Teil ihres Vermögens ihren Zechgenossen, so dass es viele Boioter gab, denen im Monat mehr Mahlzeiten geboten wurden, als Tage dem Monat zugeteilt waren. Deshalb fanden die Einwohner von Megara an dieser Einrichtung bei jenen keinen Gefallen und wandten sich den Achaiern zu. Auch die Bewohner von Pharsalos werden in der Komödie als Vielesser verspottet. Mnesimachos (F8 KA) sagt zum Beispiel im Philippos: A: „Ist einer da von den Pharsaliern, um auch die Tische zu verzehren?“ B: „S´ist keiner da.“ A: „Sie handeln richtig. Ob sie wohl noch eine ganze Stadt Achaias, die gebraten ist, verspeisen?“ In der Lamia deutet Krates (F21 KA) an, dass auch alle Thessaler als Vielesser verschrien waren: „Drei Ellen lange Worte, die nach der Thessaler Art zerschnitten waren.“ Er sagte dies aber, weil bekannt war, dass die Thessaler das Fleisch in große Scheiben schnitten. Philetairos (F10 KA) in den Fackelträgern: Und schwer liegt in der Hand die nach Thessaler geschnittene Scheibe Schweinefleisch.“ Sie nannten auch den großen Bissen einen „thessalischen Happen“. Hermippos (F42 KA) in den Moiren: „Doch Zeus bedachte nichts davon. Er schloss die Augen und erstellte einen Happen nach Thessaler Art. In den Pfannemeistern hat Aristophanes (F507 KA) diese kapanika (wagenmäßig) genannt: A: „Was ist mit den Gerichten bei den Lydern und Thessalern?“ B: „die der Thessaler sind bei weitem wagenmäßiger.“
Quelle der ÜbersetzungC. Friedrich, Athenaios. Das Gelehrtenmahl,7-10.
Kommentar Kühr (A. Kühr, Als Kadmos nach Boiotien kam, Hermes Einzelschriften 98, 2006, 271) erklärt die Topoi gegenüber den Boiotern mit der Kluft zwischen der attischen Stadtkultur zur sehr ländlich geprägten, agrarischen, Lebensweise der Boioter. Nach Nothers (C. Friedrich (Einl. u. Üs.), T. Nothers (Komm.), Athenaios. Das Gelehrtenmahl. 1-6/1, 1998, 261, Anm. 2, 47b) galten die Thessaler seit jeher, und vor allem den Athenern, als besonders genussfreudig und unersättlich. Sie galten als einfache Gemüter mit Hang zu Freude bei einfachen Dingen. Phillipson (A. Philippson, Die griechischen Landschaften. Der Nordosten der griechischen Halbinsel, Teil 1: Thessalien und die Spercheios-Senke, 1950, 220) erklärt diesen Umstand durch die exponierte Lage der Thessaler.
BelegstellenAth. 2,28
SchlagwortEssen und Trinken, Mentalität
Geographische ZuordnungBoiotien, Thessalien
Ethnische GruppenBoioter, Thessaler
BearbeiterInMargit Offenmüller
Permalinkhttps://gams.uni-graz.at/o:ethnos.337