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Thuk. 4,61,2-4

TitelGeschichte des Peloponnesischen Krieges
AutorThukydides
Zeitangabe5., 4. Jh.v.Chr.
Originaltext ἃ χρὴ γνόντας καὶ ἰδιώτην ἰδιώτῃ καταλλαγῆναι καὶ πόλιν πόλει, καὶ πειρᾶσθαι κοινῇ σῴζειν τὴν πᾶσαν Σικελίαν, παρεστάναι δὲ μηδενὶ ὡς οἱ μὲν Δωριῆς ἡμῶν πολέμιοι τοῖς Ἀθηναίοις, τὸ δὲ Χαλκιδικὸν τῇ Ἰάδι ξυγγενείᾳ ἀσφαλές. οὐ γὰρ τοῖς ἔθνεσιν, ὅτι δίχα πέφυκε, τοῦ ἑτέρου ἔχθει ἐπίασιν, ἀλλὰ τῶν ἐν τῇ Σικελίᾳ ἀγαθῶν ἐφιέμενοι, ἃ κοινῇ κεκτήμεθα. ἐδήλωσαν δὲ νῦν ἐν τῇ τοῦ Χαλκιδικοῦ γένους παρακλήσει· τοῖς γὰρ οὐδεπώποτε σφίσι κατὰ τὸ ξυμμαχικὸν προσβοηθήσασιν αὐτοὶ τὸ δίκαιον μᾶλλον τῆς ξυνθήκης προθύμως παρέσχοντο.
Quelle H. S. Jones, J. E. Powell, Thucydidis historiae, Bd. 1, Buch I-IV.
Übersetzung In solcher Einsicht muß Bürger mit Bürger sich aussöhnen und Stadt mit Stadt und versuchen, gemeinsam versuchen, das ganze Sizilien zu retten, und darf keinem beifallen, dem Doriertum bei uns seien die Athener feind, die Chalkidier wären durch die ionische Verwandtschaft sicher; denn nicht die Stämme greifen sie an wegen ihrer zwiefachen Herkunft aus Haß gegen den einen, sondern nach den Reichtümern Siziliens begierig, die wir gemeinsam besitzen. Das zeigte sich jetzt bei dem Beistandsgesuch des chalkidischen Stammes, von dem sie noch kein einziges Mal die schuldige Bundeshilfe empfingen, und dem sie jetzt doch die Pflicht über ihren Vertrag hinaus freudig geleistet haben.
Quelle der ÜbersetzungP. Landmann, Thukydides: Geschichte des Peloponnesischen Krieges, Bd. 1, Buch I-IV.
Kommentar Dies ist ein Teil der Friedensrede des Hermokrates aus Syrakus bei einem Zusammentreffen der führenden Sizilier in Gela, das nach einem Waffenstillstand zwischen Gela und Karmania zustande kam. Hermokrates plädiert im Angesicht der Gefahr eines Angriffes durch Athen für Eintracht unter den Siziliern. Den Grund für die Feindschaft mit Athen sieht der Syrakusaner nicht in den verschiedenen Ethnien begründet, sondern in der Habgier der Athener. Im Weiteren plädiert Hermokrates jedoch für ein gemeinsames Vorgehen mit den Dorern aufgrund der gemeinsamen ethnischen Zugehörigkeit (Vgl. Thuk. 4,64,3-4). Bei seinen Beschreibungen der Ereignisse vor und während der Sizilianischen Expedition (Buch 6 und 7) spricht Thukydides immer wieder von der Instrumentalisierung von Stammverwandtschaft bei Ioniern/Athenern (vgl. 6,6,1-2; 9,1; 46,2; 50,4; 82,2-3; 84,2-3) wie Dorern/Lakedaimoniern (vgl. 3,86,2; 4,64,3-5; 61,2-4; 6,6,2; 76,2-4; 80,3; 7,5,4; 57,1-58,3), was, wie hier, vor allem in Reden der Protagonisten Ausdruck findet. Wie Diodor betrachtet Thukydides jedoch die Argumentation der Athener, den Leontinern wegen der Verwandtschaft zu helfen, jedoch lediglich als Vorwand (Diod. 12,54,1; Thuk. 6,6,1-2). Eine gemeinsame ethnische Zugehörigkeit zählt auch bei Anaximen. 2,26 = Aristot. rhet. Alex. 1425a als eine legitimierende Maßnahme für militärische Auseinandersetzungen im Allgemeinen.
BelegstellenDiod. 12,53,1; Diod. 12,54,1; Diod. 12,83,1-3; Thuk. 3,86,2-3; Thuk. 4,64,3-4; Thuk. 6,6,1-2; Thuk. 6,9,1; Thuk. 6,46,2; Thuk. 6,50,4; Thuk. 6,76,2-4; Thuk. 6,82,2-3; Thuk. 6,84,2-3; Thuk. 7,5,4; Thuk. 7,57,1-58,3
SchlagwortKriegsbündnis
Geographische ZuordnungSizilien
Ethnische GruppenDorer, Ionier
BearbeiterInAnna Trattner-Handy
Permalinkhttps://gams.uni-graz.at/o:ethnos.299