Titel | Historien |
Autor | Herodot |
Zeitangabe | 5. Jh.v.Chr. |
Originaltext |
Κλεισθένης γὰρ Ἀργείοισι πολεμήσας τοῦτο μὲν ῥαψῳδοὺς ἔπαυσε ἐν Σικυῶνι ἀγωνίζεσθαι τῶν Ὁμηρείων ἐπέων εἵνεκα, ὅτι Ἀργεῖοί τε καὶ Ἄργος τὰ πολλὰ πάντα ὑμνέαται· τοῦτο δέ, ἡρώιον γὰρ ἦν καὶ ἔστι ἐν αὐτῇ τῇ ἀγορῇ τῶν Σικυωνίων Ἀδρήστου τοῦ Ταλαοῦ, τοῦτον ἐπεθύμησε ὁ Κλεισθένης ἐόντα Ἀργεῖον ἐκβαλεῖν ἐκ τῆς χώρης. […] Ἐπεὶ δὲ ὁ θεὸς τοῦτό γε οὐ παρεδίδου, ἀπελθὼν ὀπίσω ἐφρόντιζε μηχανὴν τῇ αὐτὸς ὁ Ἄδρηστος ἀπαλλάξεται. Ὡς δέ οἱ ἐξευρῆσθαι ἐδόκεε, πέμψας ἐς Θήβας τὰς Βοιωτίας ἔφη θέλειν ἐπαγαγέσθαι Μελάνιππον τὸν Ἀστακοῦ· οἱ δὲ Θηβαῖοι ἔδοσαν. Ἐπαγαγόμενος δὲ ὁ Κλεισθένης τὸν Μελάνιππον τέμενός οἱ ἀπέδεξε ἐν αὐτῷ τῷ πρυτανηίῳ καί μιν ἵδρυσε ἐνθαῦτα ἐν τῷ ἰσχυροτάτῳ. Ἐπηγάγετο δὲ τὸν Μελάνιππον ὁ Κλεισθένης (καὶ γὰρ τοῦτο δεῖ ἀπηγήσασθαι) ὡς ἔχθιστον ἐόντα Ἀδρήστῳ, ὃς τόν τε ἀδελφεόν οἱ Μηκιστέα ἀπεκτόνεε καὶ τὸν γαμβρὸν Τυδέα. Ἐπείτε δέ οἱ τὸ τέμενος ἀπέδεξε, θυσίας τε καὶ ὁρτὰς Ἀδρήστου ἀπελόμενος ἔδωκε τῷ Μελανίππῳ. Οἱ δὲ Σικυώνιοι ἐώθεσαν μεγαλωστὶ κάρτα τιμᾶν τὸν Ἄδρηστον· ἡ γὰρ χώρη ἦν αὕτη Πολύβου, ὁ δὲ Ἄδρηστος ἦν Πολύβου θυγατριδέος, […] Τά τε δὴ ἄλλα οἱ Σικυώνιοι ἐτίμων τὸν Ἄδρηστον καὶ δὴ πρὸς τὰ πάθεα αὐτοῦ τραγικοῖσι χοροῖσι ἐγέραιρον, τὸν μὲν Διόνυσον οὐ τιμῶντες, τὸν δὲ Ἄδρηστον. Κλεισθένης δὲ χοροὺς μὲν τῷ Διονύσῳ ἀπέδωκε, τὴν δὲ ἄλλην θυσίην Μελανίππῳ.
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Quelle |
Ph.-E. Legrand, Hérodote. Histoires, Buch V.
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Übersetzung |
Mit dieser Neuordnung ahmte Kleisthenes, so scheint es mir, seinen Großvater mütterlicherseits nach, den Tyrannen Kleisthenes von Sikyon. Als dieser Kleisthenes mit den Argeiern Krieg führte, hatte er den Rhapsoden verboten, in Sikyon Wettkämpfe im Vortrag homerischer Gedichte zu veranstalten, weil nämlich überall in ihnen die Argeier und Argos besungen werden. Ferner wollte er den Kult des Adrastos, des Sohnes des Telaos, der auf dem Marktplatz in Sikyon einen Heroentempel besaß und heute noch sein Eigentum nennt, aus dem Lande weisen, weil er ein Argeier war. […] Als es also der Gott [Kleisthenes hatte in Delphi angefragt] nicht zuließ, überlegte er nach seiner Heimkehr, wie er den Adrastos selbst zur Auswanderung bewegen könnte. Als er glaubte, ein Mittel gefunden zu haben, schickte er nach Theben in Boiotien und ließ sagen, er wolle Melanippos, den Sohn des Astrakos, nach Sikyon überführen; die Thebaner willigten ein. Als Kleisthenes den Melanippos hatte herbringen lassen, wie er ihm einen heiligen Bezirk dicht am Prytaneion zu und erbaute ihm dort ein Heiligtum an der sichersten Stelle. Kleisthenes ließ den Melanippos – auch das muß man hier erzählen – deswegen zu sich holen, weil er der grimmigste Feind des Adrastos war. Dieser hatte nämlich seinen Bruder Mekistes und seinen Schwiegersohn Tydeus getötet. Nach der Einrichtung des Kultplatzes entzog der dem Adrastos Opfer und Feste und übertrug sie auf Melanippos. Die Sikyonier hatten für Adrastos einen sehr reichen Kult entwickelt; denn dieses Land gehörte einst dem Polybos; Adrastos war des Polybos’ Enkel. […] Zu anderen Ehren, die die Sikyonier ihm erwiesen, gehörte auch die Aufführung tragischer Chöre, die seine Leiden zum Gegenstand hatten. Dabei erstetzten sie also die Ehrung des Dionysos durch Adrastos. Kleisthenes gab jetzt die Chöre dem Dionysos wieder zurück und den übrigen Kult dem Melanippos.
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Quelle der Übersetzung | J. Feix, Herodot: Historien, Bd. 1, Buch I-V. |
Kommentar |
Nach den Schilderungen der Befreiung Athens von den Tyrannen widmet sich Herodot dem weiteren Verlauf der athenischen Geschichte, dem Machtkampf zwischen Kleisthenes und Isokrates und den Reformen des ersteren nach dessen Sieg in diesem Kampf. In seinen Taten vergleicht Herodot den Kleisthenes mit seinem Großvater, dem Tyrannen Kleisthenes von Sikyon. Die Maßnahmen des Tyrannen sind in Zusammenhang mit dessen Krieg mit Argos zu sehen. (Zu den weiteren Maßnahmen vgl. Hdt. 5,68-69)
Der Heros, welcher im Zentrum dieser Erzählung steht, Adrastos, wird nach Paus. 6,6ff. aus Argos verbannt, kommt bei Polybios von Sikyon unter, vermählt sich mit dessen Tochter und erbt dessen Königreich. Er nimmt eine führende Stellung in der Expedition gegen Theben ein und scheint danach nach Argos zurückzukehren.
Das erwähnte Orakel halten How/Wells für ein späteres Produkt jener Zeit, als das dorische Sparta in Delphi bereits viel Einfluss besessen hat (Vgl. W. W. How, J. Wells, A Commentary On Herodotus, Bd. 1, Buch V-IX, 35).
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Schlagwort | Heiligtum, Kult |
Geographische Zuordnung | Peloponnes |
BearbeiterIn | Anna Trattner-Handy |
Permalink | https://gams.uni-graz.at/o:ethnos.178 |