Titel | Historien |
Autor | Herodot |
Zeitangabe | 5. Jh.v.Chr. |
Originaltext |
Τῶν ἐκ τῆς Ἀργοῦς ἐπιβατέων παίδων παῖδες ἐξελασθέντες ὑπὸ Πελασγῶν τῶν ἐκ Βραυρῶνος ληισαμένων τὰς Ἀθηναίων γυναῖκας, ὑπὸ τούτων δὴ ἐξελασθέντες ἐκ Λήμνου οἴχοντο πλέοντες ἐς Λακεδαίμονα, […] οἱ δὲ τῷ ἀγγέλῳ εἰρωτῶντι ἔλεγον ὡς εἴησαν μὲν Μινύαι, παῖδες δὲ εἶεν τῶν ἐν τῇ Ἀργοῖ πλεόντων ἡρώων· προσσχόντας γὰρ τούτους ἐς Λῆμνον φυτεῦσαι σφέας. […] Οἱ δὲ ἔφασαν ὑπὸ Πελασγῶν ἐκβληθέντες ἥκειν ἐς τοὺς πατέρας· δικαιότατον γὰρ εἶναι οὕτω τοῦτο γίνεσθαι· […] Τὸν δὲ αὐτὸν τοῦτον χρόνον Θήρας […] ἔστελλε ἐς ἀποικίην ἐκ Λακεδαίμονος. […]Ἦσαν δὲ ἐν τῇ νῦν Θήρῃ καλεομένῃ νήσῳ, πρότερον δὲ Καλλίστῃ τῇ αὐτῇ ταύτῃ, ἀπόγονοι Μεμβλιάρου τοῦ Ποικίλεω ἀνδρὸς Φοίνικος. […] Ἐπὶ τούτους δὴ ὦν ὁ Θήρας λεὼν ἔχων ἀπὸ τῶν φυλέων ἔστελλε, συνοικήσων τούτοισι καὶ οὐδαμῶς ἐξελῶν αὐτοὺς ἀλλὰ κάρτα οἰκηιούμενος. Ἐπείτε δὲ καὶ οἱ Μινύαι ἐκδράντες ἐκ τῆς ἐρκτῆς ἵζοντο ἐς τὸ Τηύγετον, τῶν Λακεδαιμονίων βουλευομένων σφέας ἀπολλύναι, παραιτέεται ὁ Θήρας ὅκως μήτε φόνος γένηται, αὐτός τε ὑπεδέκετό σφεας ἐξάξειν ἐκ τῆς χώρης. Συγχωρησάντων δὲ τῇ γνώμῃ τῶν Λακεδαιμονίων, […].
|
Quelle |
Ph.-E. Legrand, Hérodote. Histoires, Buch IV.
|
Übersetzung |
Die späteren Nachkommen der Argonauten wurden von den Pelasgern vertrieben, die aus Brauron athenische Frauen geraubt hatten. Sie mussten Lemnos verlassen und segelten nach Lakedaimon. […] Sie erklärten dem Boten [der Lakedaimonier] auf seine Frage [woher sie kämen], sie seien Minyer, Nachkommen jener Helden, die auf der Argo ausfuhren. Diese seien auf Lemnos gelandet und ihre Stammväter geworden. […] Sie [die Minyer] gaben zur Antwort [auf die Frage, warum sie nach Lakedaimonien gekommen seien], nach der Vertreibung durch die Pelasger kehrten sie jetzt zu ihren Vätern heim; das sei doch recht und billig. […] Gerade zu der Zeit wollte Theras, […], eine Kolonie von Sparta aus gründen. […] Er erklärte, er wolle zu Schiff zu seinen Verwandten fahren. Nun wohnten auf der jetzigen Insel Thera, die früher Kalliste heiß, Nachkommen des Phoinikiers Membliaros, des Sohnes des Poikiles. […] Zu diesen wollte Theras mit Leuten aus spartanischen Stämmen auswandern und mit ihnen zusammen wohnen, sie zu Freunden machen, aber sie keinesfalls vertreiben. Als nun jene Minyer, die aus dem Gefängnis entwichen waren und sich auf dem Taÿgetos lagerten, von den Lakedaimoniern mit dem Tod bedroht wurden, bat Theras um ihr Leben. Er übernahm es selbst, sie aus dem Lande wegzuführen. Die Lakedaimonier gingen auf den Vorschlag ein, […].
|
Quelle der Übersetzung | J. Feix, Herodot: Historien, Bd. 1, Buch I-V. |
Kommentar |
Nachdem Dareios wieder nach Asien übergesetzt und Megabazos in Europa gelassen hat, ereignet sich nach Herodot das hier Beschriebene. Die Nachkommen der Argonauten müssen, von den Pelasgern vertrieben, Lemnos verlassen und begeben sich auf die Peloponnes. Sie verschanzen sich am Taygetos, die Lakedaimonier fragen sie nach ihrer Herkunft, woraufhin sich die Flüchtlinge als Minyer zu erkennen geben. Die Lakedaimonier seien somit ihre Vewandten, eine Aufnahme durch erstere also nur legitim. Diesem Ansinnen stimmen die Lakedaimonier zu, sie geben den Neuankömmlingen Land und verteilen sie unter den verschiedenen Stämmen. Als die Minyer jedoch auch einen Anteil am Königtum verlangen, beschließen die Lakedaimonier die Tötung der aufsässigen Neubürger. Durch eine List der Frauen der Minyer, sie verkleiden sich als Männer und nehmen den Platz der Gefangenen ein, kommen die Minyer frei. Theras, der auswandern und eine Kolonie gründen will, macht den Lakedaimoniern das Angebot, die Entflohenen zu diesem Vorhaben mitzunehmen. Dieses Ansinnen findt bei den Lakedaimoniern Zustimmung, so wandert ein Teil der Minyer mit Theras aus, der Großteil allerdings wendet sich zum Land der Paroreaten und Kaukonen hin. Für die weitere Siedlungsgeschichte siehe Hdt. 4,146-150.
Diese Erzählung ist mit größter Wahrscheinlichkeit nicht historisch. Einige Wissenschaftler interpretieren sie dahingehend, dass mit ihr die Legitimation erstens der Hegemonie Spartas über die Peloponnes und zweitens der Anspruch auf Thera manifestiert werden sollte (Vgl. W. W. How, J. Wells, A Commentary On Herodotus, Bd. 1; Buch I-IV, 346).
|
Schlagwort | Siedlungsgeschichte |
Geographische Zuordnung | Peloponnes |
Ethnische Gruppen | Minyer, Pelasger |
BearbeiterIn | Anna Trattner-Handy |
Permalink | https://gams.uni-graz.at/o:ethnos.173 |