Gattung: | Lyrik |
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Zeitraum Entstehung: | 1770 |
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Kommentar: | Die Gedanken eines Lambacherischen Pfarrbauern entstanden anlässlich eines Aufenthalts der Dauphine Maria Antonia von Habsburg (1755-1793), die auf der 24-tägigen Reise zu ihrem Ehemann, dem späteren König Ludwig XVI., am 23. April 1770 auch in Lambach als letzter österreichischer Station Halt machte. Drei Monate lang hatten sich Stift und Ort auf dieses Ereignis vorbereitet und ein ausgefeiltes Programm zusammengestellt, um den illustren Gast standesgemäß zu empfangen. So wurde das kurz zuvor renovierte Stiftstheater eigens für eine Aufführung von Lindemayrs Singspiel Kurzweiliger Hochzeit-Vertrag durch den Stiftsmaler Johann Turetschek neu dekoriert, das Daun’sche Regiment hielt Exerzierübungen, die Lambacher Bauernjugend probte Tänze in verschiedenen Trachten und die Stadlinger Schiffsleute bereiteten ihren Schwert- und Feuertanz mit türkischer Musik und abschließendem Feuerwerk vor. Es Marchirete d‹as› Patallion von Löbl‹ichen› Regiment Daun mit Klingenter Music und [ ] fligenten fannen vor dem Kloster Thore auf, und stelte sich von Kloster an Biß an des Eggers Haus in 3 linien. die Purger desgleichen, welche sich auf den blaz bey den schlosser in Egg Postirten, Endlichen die städlinger mit ihren Rudern und die Türcken mit ihren fahnen und die Tanzer mit ihren schwertern, welche sich auf dem spittall berg Rangirten. dise alle stunden von Mittag biß halber Vier uhr abents, und wurde beständig mit ankommenten bothen allarmiret, also zwahr, d‹aß› d‹as› daunische Patallion eine Stund vor der ankunfft ihre 3 Salve abfeürte. die ankunfft der Königl‹ichen› Braut geschahe entlichen unter leittung aller glocken, und abfeürung der Canonen umb halber Vier uhr, die zahlreiche k‹aiserliche› hofstatt, die k‹aiserliche› deitsche leibgarde H‹err› Abbt sambt den Convent stunden alle auf der Toppelten hofstiegen, und empfingen alda die Königl‹iche› braut, begleitteten sie sodan biß in ihr audienz Zimmer No ‹Lücke›, alwo sie sich ein Zeit Retirade hielte, sodan alein mit ihrer Oberst hofmaisterin fürstin von Paar in den Audienz Zimmer spazirte. die Marschall Tafl ware in groß und kleinen Tafl zimmer, nach vollenter Tafl zogen 60 baar von ledigen Bauren Bueben und Menschern mit ihren spilleüthen, iedes nach seiner Lands:Tracht Baarweiß in Hof ein, und stelten sich vor der Abbtey, alwo S‹eine› Königl‹iche› hoheit herab sahen, und hielten ihre Tänze, worüber die Königl‹iche› braut sambt dero hofstatt ein großes wollgefallen Bezeügten, auch iede Person mit 1 ‹Gulden› zu regaliren anbefallen. Nach dem Tanz verfigten sich hochselbe in d‹as› Theatrum und wohnte der Baurn Comedie bey, die ihr noch mehr vergnigen machte, nach vollenter Comedie wurden Sambtl‹iche› Actores von Theatro zum handkuß gerufen, der auch iede Pers‹on› mit einer Silbernen Matalie H‹err› Compositor aber mit einer gold und silbernen Beschenket wurde. Entlichen wurde auf der Traun ein schwerd und fackl Tanz Produciret, sowohl mit hand und Pöller Kranathen ein feyrwerck gemacht, und zum Beschlus mit einer Ilumination Vivat Antonia ieder Buchstab auf seinen schif Beleuchtet, welche entlichen nach der ordnung wegg:fahreten. dise sambtliche unterhaltung dauerten Biß halber Eilf uhr nachts. Bin vor acht Tagen in Wochämarkt gwösen ist somit das einzige Lied Maurus Lindemayrs, das zu seinen Lebzeiten und mit seiner Einwilligung auch (offiziell) im Druck erschien. Da sich darüber hinaus lediglich ein einziges Autograph zu einer seiner lyrischen Arbeiten erhalten hat, ist dieses Heftchen im Kleinoktav für die Beurteilung der Schreibgewohnheiten, der formalen Gestaltung und musikalischen Umsetzung von umso größerer Bedeutung. Ob das Lied allerdings tatsächlich vor der Dauphine aufgeführt wurde (etwa im Zuge der Theateraufführung), ist nicht überliefert. Mit Sicherheit aber gehört es in sprachlicher und thematischer Hinsicht zu den gelungensten bäuerlichen Rollenliedern Lindemayrs, der hier die erregte Spannung des Moments in einem dramaturgisch hervorragend angelegten, humorvollen Simultanbericht voll Lebensnähe gestaltet. Nach den expositorischen ersten drei Strophen zur Charakterisierung des Rollen-Ich, den ersten Informationen zum anstehenden Ereignis und den Vorbereitungen, blendet der Bericht in der vierten Strophe vom Vergangenen zum bevorstehenden Programm, um schließlich ab der sechsten Strophe ein wirkungsvolles Stimmungsbild des unmittelbaren Geschehens aus der Sicht des enthusiastischen Landmanns zu geben. Seine Glückwünsche am Ende des Lieds sollen für die Stimme des Volks stehen, das für einen Tag die Unbilden des Alltags vergessen konnte – zumindest in der literarischen Fiktion. Tatsächlich begann 1770, nach Missernten schon in den Jahren zuvor, die schwerwiegendste mitteleuropäische Hungersnot des 18. Jahrhunderts; denn das regnerische Wetter des Festtags blieb auch in den folgenden Wochen erhalten und führte in der Folge zu großflächigen Überschwemmungen. Joseph Langthaller, vermutlich auch Komponist des Lieds, überliefert uns in seiner Liederhandschrift eine in einigen Details abweichende, um zwei Strophen längere Fassung (die Strophen 4 und 9 in Langthallers Zählung). Es ist dies wohl die ursprüngliche Version, auch wenn nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, aus welchen Gründen diese Textteile im Druck nicht berücksichtigt wurden bzw. wer die Kürzung letztendlich angeordnet hatte. Nachvollziehbar ist zumindest, dass der Dauphine die gutgemeinten Anspielungen auf ihren Französischunterricht mit dem Abbé de Vermont (9/2-8) unangenehm hätten sein können – immerhin hatte Kaiserin Maria Theresia ihrer Tochter ein Jahr zuvor noch gravierende Sprachmängel konstatiert. Da Hammerschmidt in seinem früheren Liederheft K die Strophennummerierung seiner 17-strophigen Fassung überarbeitet und eine Strophe am Ende des Hefts nachträgt, scheint er eine Handschrift aus dem Umfeld Langthallers, vielleicht auch I selbst, eingesehen zu haben. |
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Permalink: | http://hdl.handle.net/11471/510.15.89 |
Zuletzt geändert: | am: 2.9.2016 um: 11:29:02 Uhr |