Dialect Cultures

Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Gattung: Lyrik
Genre:
Zeitraum Entstehung: 1772
Textvarianten:
Kommentar:

Klagelied über Sorgen der Bevölkerung vor dem Hintergrund mariatheresianischer Reformen.

Angesprochen wird zunächst die Unsicherheit über möglicherweise bevorstehende neuerliche Kriegshandlungen in der Zukunft; denn in diesem Falle scheint gewiss, dass die jungen Männer eingezogen werden: "um dö armä Bum bis gschehä, seynd schan all auf dem Papier" (Str. 3). Angesprochen wird hierbei die während der Regierungszeit Maria Theresias in den Jahren 1770 bis 1772 vorgenommene Volkszählung, ausgehend von Kriegsrat und Hofkanzlei. Dabei erfolgte zunächst die Hausnummerierung, anschließend die Erfassung der christlichen männlichen Hausbewohner und des vorhandenen Zugviehs sowie, in einer weiteren Liste, auch die Eintragung der Frauen und Andersgläubigen. Den Hintergrund bilden hierbei nicht nur militärische Interessen (mit Blick auf ein effizienteres Einberufungsverfahren und höhere Rekrutierungszahlen - daher auch die Abfrage, "wo kainä kain Feihlä hat" (Str. 3)), sondern auch demoskopische und fiskalische Aspekte.

Die hieraus resultierenden Ängste und Sorgen wie auch die sich tatsächlich unmittelbar ergebenden Misslichkeiten für die Landbevölkerung bearbeitet auch Maurus Lindemayr in seinem Lied 'Von der Conscription' ( "Poz tausend, was mueß i für Zeitn dälöbn" ). Wie dort entspringt auch hier das anklagende Ich dem bäuerlichen Milieu. In beiden Liedern wird die Stimmung in der Bevölkerung greifbar, wobei die Atmosphäre von Misstrauen gegenüber den Autoritäten und Missfallen an den Neuerungen durchwebt ist.

Nachdem die Sorge um künftige rigorosere Rekrutierungsverfahren angesprochen ist, wird im vorliegenden Lied weiters die Nahrungsmittelknappheit beklagt, welche - ihrerseits schlimm genug - zudem zu Teuerungen führt. Auch Versuche, den widrigen Zuständen durch Auswanderung zu entkommen, führen nur zu Ernüchterung. Dass auch noch die Feiertage abgeschafft werden sollen, will man sich nicht gefallen lassen. Beendet wird die Klage aber schließlich nicht nur mit einem letzten Beklagen der harten Zeit, sondern auch mit dem Gebot, an Gott zu denken und ihn zu ehren - "es wird no schan besser wärn" (Str. 9).

Permalink: http://hdl.handle.net/11471/510.15.1385
Zuletzt geändert: am: 6.9.2016 um: 11:37:22 Uhr