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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Anton-Buchalka-Straße, 8605 Kapfenberg
Beschreibung: Die SchülerInnen setzen sich vertieft mit der Biografie eines im Nationalsozialismus Verfolgten auseinander und erarbeiten sich dadurch eine weitere Perspektive auf den Kontext Verfolgung und Widerstand.
Ort: Kapfenberg (8605)
Zeitbedarf: 30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
Alter: 13–18 Jahre
Vermittlungsort: Klassenraum


Verbundene Orte:




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Im Juni 1945 benannte die Stadtgemeinde Kapfenberg in der Hochschwab-Siedlung eine Straße nach dem Widerstandskämpfer Anton Buchalka, der 1941 von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Verwurzelt in der Arbeiterbewegung Anton Buchalka wurde 1912 als sechstes Kind einer Eisenbahnerfamilie in Rothwein/Razvanje bei Marburg/Maribor geboren. Dort besuchte er die slowenische Volksschule, ehe die Eltern 1921 das nunmehr zum SHS-Staat (Jugoslawien) gehörende Rothwein verlassen mussten und sich in Graz niederließen. Nach der Schule lernte er Elektrotechnik und war nach seinem Lehrabschluss 1932, bedingt durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, arbeitslos. Bereits mit Beginn der Lehre trat er 1928 der sozialdemokratischen Metallarbeiterjugend bei, später wurde er Mitglied der Wehrturner der Sozialdemokratischen Partei und 1933 Mitglied der Sozialistischen Jugend. 21-jährig beteiligte er sich aktiv am 12. Februar 1934 bei den Kämpfen in Graz-Eggenberg. Er wurde festgenommen und wegen Aufruhrs zu einem Jahr schweren Kerker verurteilt. Kaum entlassen, beteiligte er sich am 12. Februar 1935 an einer illegalen Kundgebung in Erinnerung an die Februaropfer. Dort wurde er erneut festgenommen und zu vier Monaten Arrest verurteilt. In all den Jahren seit 1932 war er mit einer kurzen Ausnahme arbeitslos. Seit 1936 lebte er in Leibnitz. Dort kämpfte er in den Tagen und Wochen vor dem „Anschluss“ mit seinen Genossen gegen den drohenden „Anschluss“ und eine mögliche Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Er organisierte Demonstrationen und verteilte Flugblätter für ein „Ja“ bei der von Bundeskanzler Schuschnigg geplanten Volksbefragung im März 1938. Zuckerbrot und Peitsche nach dem „Anschluss“ Am 12. und am 13. März 1938 nahmen lokale Nationalsozialisten in allen steirischen Gemeinden politische Gegner willkürlich fest. Sie misshandelten sie und nahmen sie in sogenannte „Schutzhaft“ . Einer der in Leibnitz von den örtlichen Nazis Festgenommenen war auch Anton Buchalka, der bis zum 17. März im Leibnitzer Gefangenenhaus einsaß. Buchalka und die meisten anderen wurden mit einer Verwarnung wieder freigelassen, da zahlreiche Beschwerden bei zentralen NSDAP-Stellen in Wien eingelangt waren. Daher verfügte der Chef der Sicherheitspolizei SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich , die festgenommenen Personen sofort zu entlassen, „sofern sie nicht besonders bedeutende Führer der Gegner waren und dies ohne Gefahr ihrer eigenen Person und ohne unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erfolgen kann. Kleinere und mittlere Funktionäre der kommunistischen bzw. marxistischen Partei, der Vaterländischen Front usw. sind zu entlassen, wenn nicht ganz besondere Umstände entgegenstehen.“ (StLA, BH Leibnitz, 14 Schu 32/1938. Gestapo Graz, an alle Bezirkshauptmannschaften, 31.3.1938.) Bereits am 17.3.1938 hat Heydrich an Gauleiter Bürckel geschrieben, dass er diese eigenmächtigen Maßnahmen der lokalen Nationalsozialisten nicht dulden werde. (DÖW 15.909). Der Drohung mit Haft, der Peitsche, folgte das Zuckerbrot. So wurde Anton Buchalka unmittelbar nach seiner Enthaftung eingeladen, mit einer KdF-Fahrt die „Errungenschaften“ des „Dritten Reiches“ kennen zu lernen. Dies erfolgte im Zuge des Versuchs, langfristig eine Aussöhnung mit den Kommunisten und Sozialdemokraten herbeizuführen und sie kurzfristig für ein „Ja“ bei der Volksabstimmung am 10. April 1938 zu gewinnen. Der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Reich, Gauleiter Josef Bürckel, verabschiedete am 21. März 1938 die KdF-Fahrer mit den Worten: „Ihr früheren Kommunisten und Sozialdemokraten! Ich glaube nicht daran, dass einer, der deutsches Blut in den Adern hat, innerlich schlecht sein kann. Es gibt tausende anständige Menschen im früheren roten Lager, die geglaubt haben, ihre Sache sei richtig. (…) Nun geht ihr ins Reich! Macht die Augen auf, redet mit euren Kameraden am Schraubstock. (…) Ich verlange nicht, dass ihr euch gleich als Nationalsozialisten bekennt, aber bei eurer Rückkehr sollt ihr mir ins Auge sehen und sagen: ‚Ich habe mich bemüht, das Neue zu verstehen!‘“ (Rede des Gauleiters Josef Bürckel vor KdF-Fahrern, 21.3.1938, in: Wiener Neueste Nachrichten, 22.3.1938.) Anton Buchalka fuhr nach München und Hamburg und erhielt bald nach seiner Rückkehr Arbeit in Kapfenberg, wo die Böhlerwerke mit über 7.000 Arbeitern zu einem der führenden Rüstungsbetriebe in der Steiermark aufstiegen. Die über sechs Jahre andauernde Arbeitslosigkeit hatte somit für Anton Buchalka ein Ende. Bei Böhler in Kapfenberg Nach seiner Übersiedlung nach Kapfenberg begann Anton Buchalka im Mai 1938 als Elektrotechniker bei den Böhlerwerken zu arbeiten. Hier gründete er mit anderen Arbeitern aus Kapfenberg im Betrieb schon bald eine kommunistische Zelle, die im Frühjahr 1939 mit der Inlandsleitung der Kommunistischen Partei in Wien in Kontakt trat. Der für den illegalen Widerstand der KPÖ in den südlichen Bundesländern zuständige Funktionär Wilhelm Wehofer suchte Buchalka auf und forderte ihn auf, eine kommunistische Parteiorganisation für die gesamte Obersteiermark aufzubauen und Flugschriften zu verfassen. Buchalka gelang es innerhalb kurzer Zeit, ein Netz von Widerstandszellen über die Obersteiermark zu legen, die bis nach Mürzzuschlag auf der einen und Leoben und Eisenerz auf der anderen Seite reichten. Diese Zellen belieferte Buchalka von November 1939 bis zu seiner Verhaftung mit von ihm verfassten Flugschriften in der Auflage von 500 Stück. Am 30. Jänner 1940 wurde zunächst Buchalka und bis Oktober über 250 Mitglieder der von ihm aufgebauten Zellen festgenommen. Buchalka wurde am 12. Februar 1941 als Abschreckung, wie es im Urteil heißt, zum Tode verurteilt und am 10. Juli 1941 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.



Literatur

  • Heimo Halbrainer/Gerald Lamprecht, Nationalsozialismus in der Steiermark. Opfer – Täter – Gegner. Innsbruck-Wien-Bozen 2015.
  • 6 J 103/40 g: Anklage und Urteil gegen Anton Buchalka u.a.
  • StLA, BH Leibnitz, 14 Schu 32/1938. Verzeichnis der nach der Machtübernahme durch die NSDAP. in den Gerichtsbezirken Arnfels, Leibnitz und Wildon in Schutzhaft genommenen Personen.