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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Poketzgasse, 8020 Graz
Beschreibung: Die SchülerInnen setzen sich vertieft mit der Biografie eines im Nationalsozialismus Verfolgten auseinander und erarbeiten sich dadurch eine weitere Perspektive auf den Kontext Verfolgung und Widerstand.
Ort: Graz (8020)
Zeitbedarf: 30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
Alter: 13–18 Jahre
Vermittlungsort: Klassenraum


Verbundene Orte:




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Im Jahr 1991 benannte die Stadt Graz in Erinnerung an den von den Nationalsozialisten ermordeten Funktionär der Arbeiterkammer, Gewerkschaftssekretär und Widerstandkämpfer Lorenz Poketz eine Gasse in Eggenberg. Eine politische Biographie Lorenz Poketz kam gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder August am 5. August 1893 im untersteirischen St. Lorenzen/Lovrenc na Pohorju zur Welt. Dort wuchs er mit seinen vier Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Als der Vater der Arbeit wegen 1905 nach Graz zog, begleitete ihn Lorenz, der hier die Bürgerschule absolvierte. Danach trat er als Bürolehrling in eine Kreditanstalt ein und arbeitet als Bankbeamter, bis er zum Militär eingezogen wird. Im Ersten Weltkrieg war er Rechnungsunteroffizier beim Pferdespital in Budapest. Bereits 1912 trat er dem sozialistischen Verband Jugendlicher Arbeiter bei, ein Jahr später auch der Freien Gewerkschaft. Bald schon nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er innerhalb der steirischen Arbeiterbewegung führende Funktionen. So war er etwa seit 1925 Sekretär der Freien Gewerkschaft für Handel und Transport, Beisitzer des Gewerbegerichts und ab 1930 Vorsitzender des sozialpolitischen Ausschusses der Arbeiterkammer in Graz. In all diesen Funktionen kämpfte er für soziale und politische Besserstellungen der ArbeiterInnen und Angestellten. So war er führend beim großen Streik der Grazer Straßenbahner im Oktober 1928 beteiligt, der nach 14 Tagen durch den Einsatz von Heimwehrmännern als Streikbrecher mit einer Niederlage endete. Als die Führung der Sozialdemokratischen Partei am 12. Februar 1934 den Generalstreik ausrief und die Kämpfe gegen das Dollfuß-Regime begannen, wurde Poketz mit anderen Funktionären in Graz festgenommen. In der Folge wurden alle Funktionäre der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft entlassen; so auch Lorenz Poketz. Er blieb lange Zeit arbeitslos, ehe er 1936 als Angestellter bei einer Siedlungsgenossenschaft erneut eine Anstellung fand. Solidarität auch in schweren Zeiten – die „Rote Gewerkschaft“ Bald nach den Februarkämpfen 1934 trafen sich die nun illegalen Gewerkschafter wieder. Poketz wurde erneut mit der Betreuung der Freien Gewerkschaftsfachgruppe der Handels-, Verkehrs- und Transportarbeiter betraut. Diese bestand vor allem darin, die verfolgten und gemaßregelten ArbeiterInnen zu unterstützen. Diese politische Tätigkeit setzte Poketz auch nach dem „Anschluss“ 1938 fort. Poketz fand bald nach dem „Anschluss“ als Redakteur des Grazer Adressbuches Arbeit. Bereits im Juli 1938 verhaftete ihn die Gestapo , da er im Verdacht stand, gegen das NS-Regime zu arbeiten. Er wurde unter der schriftlich erteilten Auflage, „sich nicht mehr staatsfeindlich zu betätigen, verwarnt“ (7 J 205/43: Anklage gegen Lorenz Poketz u.a., 12.5.1943, S. 6.) und kam wieder frei. Poketz hielt sich aber nicht daran und gründete gemeinsam mit dem ehemaligen sozialdemokratischen Gemeinderat von Wetzelsdorf, Franz Strohmeier , und dem ehemaligen Vertrauensmann der kaufmännischen Angestellten in Graz, Johann Stelzer , 1940 die „Rote Gewerkschaft“, die eng mit der Leitung der illegalen KPÖ in Graz um Josef Neuhold zusammenarbeitete. Sie gründeten in mehreren Grazer Betrieben Zellen, kassierten Mitgliedsbeiträge ein, die sie an die Angehörigen von inhaftierten Kommunisten auszahlten. Zudem verteilten sie Flugblätter und die von Poketz verfasste Kampfschrift „Der Rote Sturm“. Darin heißt es: „Genossen und Genossinnen! Werbet tatkräftig für unsere Zielsetzung, die der Befreiung der Menschheit aus den Fesseln der faschistischen Blutherrschaft dienen, diesen Krieg zu beenden und den Weltfrieden verbreiten helfen soll.“ (Flugschrift „Der Rote Sturm. Kampfschrift der Kommunistischen Partei für die Steiermark“ zitiert nach 7 J 205/43: Anklage gegen Lorenz Poketz u.a., 12.5.1943, S. 12.) Im Sommer 1942 verhaftete die Gestapo Poketz und zahlreiche Mitglieder der „Roten Gewerkschaft“. Der Oberreichsanwalt am Volksgerichtshof klagte Poketz und die anderen führenden Vertreter der Widerstandsgruppe wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ an. Poketz wurde am 17. Juni 1943 zum Tode verurteilt und am 13. September 1943 in Graz hingerichtet.



Literatur

  • <p>Im Jahr 1991 benannte die Stadt Graz in Erinnerung an den von den Nationalsozialisten ermordeten Funktionär der Arbeiterkammer, Gewerkschaftssekretär und Widerstandkämpfer Lorenz Poketz eine Gasse in Eggenberg.<lb></lb><lb></lb><emph style="bold">Eine politische Biographie</emph><lb></lb>Lorenz Poketz kam gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder August am 5. August 1893 im untersteirischen St. Lorenzen/Lovrenc na Pohorju zur Welt. Dort wuchs er mit seinen vier Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Als der Vater der Arbeit wegen 1905 nach Graz zog, begleitete ihn Lorenz, der hier die Bürgerschule absolvierte. Danach trat er als Bürolehrling in eine Kreditanstalt ein und arbeitet als Bankbeamter, bis er zum Militär eingezogen wurde. Im Ersten Weltkrieg war er Rechnungsunteroffizier beim Pferdespital in Budapest.<lb></lb>Bereits 1912 trat er dem sozialistischen Verband Jugendlicher Arbeiter bei, ein Jahr später auch der Freien Gewerkschaft. Bald schon nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er innerhalb der steirischen Arbeiterbewegung führende Funktionen. So war er etwa seit 1925 Sekretär der Freien Gewerkschaft für Handel und Transport, Beisitzer des Gewerbegerichts und ab 1930 Vorsitzender des sozialpolitischen Ausschusses der Arbeiterkammer in Graz. In all diesen Funktionen kämpfte er für soziale und politische Besserstellungen der ArbeiterInnen und Angestellten. So war er führend beim großen Streik der Grazer Straßenbahner im Oktober 1928 beteiligt, der nach 14 Tagen durch den Einsatz von <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss73">Heimwehrmännern</ref> als Streikbrecher mit einer Niederlage endete. Als die Führung der Sozialdemokratischen Partei am <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss209">12. Februar 1934</ref> den Generalstreik ausrief und die Kämpfe gegen das <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss10">Dollfuß-Regime</ref> begannen, wurde Poketz mit anderen Funktionären in Graz festgenommen. In der Folge wurden alle Funktionäre der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft entlassen
  • so auch Lorenz Poketz. Er blieb lange Zeit arbeitslos, ehe er 1936 als Angestellter bei einer Siedlungsgenossenschaft erneut eine Anstellung fand. <lb></lb><lb></lb><emph style="bold">Solidarität auch in schweren Zeiten – die „Rote Gewerkschaft“ </emph><lb></lb>Bald nach den <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss209">Februarkämpfen 1934</ref> trafen sich die nun illegalen Gewerkschafter wieder. Poketz wurde erneut mit der Betreuung der Freien Gewerkschaftsfachgruppe der Handels-, Verkehrs- und Transportarbeiter betraut. Diese bestand vor allem darin, die verfolgten und gemaßregelten ArbeiterInnen zu unterstützen. Diese politische Tätigkeit setzte Poketz auch nach dem <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss4">„Anschluss“</ref> 1938 fort.<lb></lb>Poketz fand bald nach dem „Anschluss“ als Redakteur des Grazer Adressbuches Arbeit. Bereits im Juli 1938 verhaftete ihn die<ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss62">Gestapo</ref>, da er im Verdacht stand, gegen das NS-Regime zu arbeiten. Er wurde unter der schriftlich erteilten Auflage, „sich nicht mehr staatsfeindlich zu betätigen, verwarnt“ (7 J 205/43: Anklage gegen Lorenz Poketz u.a., 12.5.1943, S. 6.) und kam wieder frei. Poketz hielt sich aber nicht daran und gründete gemeinsam mit dem ehemaligen sozialdemokratischen Gemeinderat von Wetzelsdorf, <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.perssty#perssty866">Franz Strohmeier</ref>, und dem ehemaligen Vertrauensmann der kaufmännischen Angestellten in Graz, <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.perssty#perssty861">Johann Stelzer</ref>, 1940 die „Rote Gewerkschaft“, die eng mit der Leitung der illegalen KPÖ in Graz um <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.perssty#perssty319">Josef Neuhold</ref> zusammenarbeitete. Sie gründeten in mehreren Grazer Betrieben Zellen, kassierten Mitgliedsbeiträge ein, die sie an die Angehörigen von inhaftierten Kommunisten auszahlten. Zudem verteilten sie Flugblätter und die von Poketz verfasste Kampfschrift „Der Rote Sturm“. Darin heißt es: <lb></lb>„Genossen und Genossinnen! <lb></lb>Werbet tatkräftig für unsere Zielsetzung, die der Befreiung der Menschheit aus den Fesseln der faschistischen Blutherrschaft dienen, diesen Krieg zu beenden und den Weltfrieden verbreiten helfen soll.“ (Flugschrift „Der Rote Sturm. Kampfschrift der Kommunistischen Partei für die Steiermark“ zitiert nach 7 J 205/43: Anklage gegen Lorenz Poketz u.a., 12.5.1943, S. 12.)<lb></lb><lb></lb>Im Sommer 1942 verhaftete die Gestapo Poketz und zahlreiche Mitglieder der „Roten Gewerkschaft“. Der Oberreichsanwalt am Volksgerichtshof klagte Poketz und die anderen führenden Vertreter der Widerstandsgruppe wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ an. Poketz wurde am 17. Juni 1943 zum Tode verurteilt und am 13. September 1943 in Graz hingerichtet.</p>